Auch Selbstständige können die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge nutzen

Von Dr. Hans-L. Dornbusch

Seit elf Jahren gibt es die vom Staat mit Zulagen geförderte Altersvorsorge. Rund 15 Millionen Bürger haben bereits solche Verträge abgeschlossen, denn es hat sich herumgesprochen, dass das sogenannte Rentenniveau in den kommenden Jahrzehnten weiter sinken wird, wenn die Beiträge der Versicherten auch in Zukunft bezahlbar bleiben sollen. Um diese Einbußen bei der gesetzlichen Altersversorgung auszugleichen, fördert der Staat seit 2002 den Aufbau einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge mit Zulagen und Steuervorteilen. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen des Altersvermögensgesetzes (AVmG) vom 26.6. 2001 (BGBl. I 2001 S. 1310) sind insbesondere im Einkommensteuergesetz (§ 10a EStG, § 79ff EStG und Anhang 1a EStG: BMF-Schreiben vom 31.03.2010 zur „Steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung“; BStBl. I S. 270) und im Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen (AltZertG) verankert.

Zum Kreis der Begünstigten gehören grundsätzlich alle Personen, die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Eine Ausnahme wird bei zusammen veranlagten Ehegatten gemacht: Unterliegt nur ein Ehepartner der Rentenversicherungspflicht, so kommt auch der andere Ehepartner in den Genuss der staatlichen Förderung, wenn ein auf seinen Namen abgeschlossener Altersvorsorgevertrag besteht (§ 79 EStG). Damit kann auch ein nicht pflichtversicherter Selbstständiger oder die „Nur“-Hausfrau von der Zulagenförderung profitieren, wenn der jeweilige Ehepartner dem begünstigten Personenkreis angehört.

Die Förderung der privaten Altersvorsorge knüpft an das Vorliegen sogenannter Altersvorsorgebeiträge an. Darunter sind eigene Sparbeiträge des Begünstigten zu verstehen, die dieser zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Altersvorsorgevertrages leistet. Die Mindestkriterien des Altersvorsorgevertrages müssen sich am Förderzweck des AVmG orientieren. Über ihre Einhaltung wacht das Bundsaufsichtsamt für das Versicherungswesen. Zulagen gibt es nur für solche Verträge, die ein entsprechendes Zertifikat erhalten haben. Es werden nur Anlageformen gefördert, die ab Beginn des Rentenalters eine lebenslange Auszahlung garantieren. Die steuerliche Förderung der kapitalgedeckten Altersvorsorge erfolgt nach dem Vorbild der Kindergeldregelung durch ein „Kombi-Modell“ aus einer direkten Zulage und einem zusätzlichen steuerlichen Sonderausgabenabzug.

Ist die Steuerersparnis durch den Sonderausgabenabzug aus der Summe von Zulage und eigenen Altersvorsorgebeiträgen höher als die staatliche Zulage, wird die Differenz dem Steuerpflichtigen bei der Einkommensteuerveranlagung gutgeschrieben. Sowohl die Zulagenförderung als auch der Sonderausgabenabzugsbetrag wurden ab Beginn des Jahres 2002 in insgesamt vier Stufen bis zum Jahre 2008 schrittweise angehoben.

Die Zulagenförderung ist insbesondere für Bezieher geringer Einkommen und kinderreiche Familien vorteilhaft. Sie setzt sich zusammen aus einer Grundzulage (§ 84 Satz 1 EStG) von derzeitig 154 Euro – für Zulagenberechtigte unter 25 Lebensjahren erhöht sich die Grundzulage einmalig um 200 Euro (§ 84 Satz 2 EStG) – und einer Kinderzulage (§ 85 EStG) von derzeitig 185 Euro bzw. 300 Euro für ab dem Jahr 2008 geborene Kinder. Die Kinderzulage erhält derjenige Elternteil, dem für den ersten Anspruchszeitraum im Kalenderjahr Kindergeld ausgezahlt worden ist, im Falle der Zusammenveranlagung die Mutter. Für eine Zurechnung beim Vater bedarf es eines beiderseitigen Antrags der Eltern. Im Ergebnis haben die Ehegatten also ein Wahlrecht, gemeinsam festzulegen, wer die Kinderzulage erhalten soll.

Die Zulagen werden aber nur dann in voller Höhe ausgezahlt, wenn der Begünstigte einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindesteigenbeitrag (§ 86 EStG) erbracht hat. Sonst erfolgt eine Kürzung beider Zulagekomponenten nach dem Verhältnis der tatsächlich geleisteten Altersvorsorgebeiträge zum Mindesteigenbeitrag. Die Zulage setzt also voraus, dass der Berechtigte eine eigene Sparleistung zum Aufbau seiner zusätzlichen Altersvorsorge erbringt. Die Höhe des Mindesteigenbeitrags liegt bei 4 v.H. der beitragpflichtigen Einnahmen, maximal 2.100 Euro abzüglich Grund- und Kinderzulage.

Beitragspflichtige Einnahmen sind bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern die auf der Lohnsteuerkarte bescheinigten Bruttolöhne. Falls die Zulagen aufgrund einer hohen Zahl von zu berücksichtigenden Kindern oder sehr geringen beitragspflichtigen Einnahmen dem so ermittelten Mindesteigenbeitrag bereits entsprechen oder ihn sogar übersteigen, muss zur Erlangung der vollen Zulage immer ein bestimmter Sockelbetrag als Mindesteigenbeitrag geleistet werden. Dieser Sockelbetrag ist ein absoluter Jahresbetrag von derzeitig 60 Euro (§ 86 Abs. 1 Satz 4 EStG).

Der zusätzliche Sonderausgabenabzugsbetrag ist als Höchstgrenze ausgestaltet. Innerhalb dieser Höchstgrenzen wird die Summe aus den tatsächlichen Sparleistungen des Berechtigten und dem ihm zustehenden Zulagenanspruch als Sonderausgabe berücksichtigt. Die Höhe des maximal möglichen Sonderausgabenabzugs liegt gegenwärtig bei 2.100 Euro (§ 10a Abs. 1 Satz 1 EStG)

 

Beispiel

Ein Selbstständiger (B) und sein Ehepartner (A) – beide sind älter als 25 Jahre – haben zwei vor 2008 geborene Kinder und wollen die Förderung der privaten Altersvorsorge nutzen. A ist Arbeitnehmer, gehört also zum begünstigten Personenkreis und hat im Vorjahr beitragspflichtige Einnahmen von 20.000 Euro erzielt. B ist als Selbständiger tätig und hat im Vorjahr einen Gewinn von 50.000 Euro erzielt. Beide haben einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen und werden zusammen veranlagt. A hat 1.000 Euro und B 1.500 Euro an Sparleistungen erbracht. Für die Kinder erhält A im Sparjahr Kindergeld.

Für A errechnet sich folgende Zulage:

  • Mindesteigenbeitrag 800 Euro
    (4 % von 20.000 Euro, maximal 2.100 Euro)
  • Maximaler Anspruch auf Grundzulage 154 Euro
  • Maximaler Anspruch auf Kinderzulage 370 Euro
  • Mindesteigenbeitrag abzgl. Zulagenanspruch von A und B
    (800 Euro abzgl. 154 Euro abzgl. 370 Euro abzgl. 154 Euro) 122 Euro
  • Sparleistung: (Mindesteigenbeitrag abzgl. Zulagenanspruch)
    (1.000 Euro: 122 Euro) 8,20 Euro
  • Volle Grund- und Kinderzulage 524 Euro

Da A den erforderlichen Mindesteigenbeitrag, der sich aufgrund der nur abgeleiteten Zulagenberechtigung von B aus der Summe der Zulagen für beide Ehegatten und der Kinder bestimmt, erbracht hat, steht auch B die volle Grundzulage von 154 Euro zu, und zwar unabhängig von der Höhe seines Einkommens.

Ergebnis: A und B erhalten zusammen Zulagen in Höhe von 678 Euro. Zusätzlich wird ihnen noch ein Sonderausgabenabzug eingeräumt, der sich zusammensetzt aus ihren Sparleistungen und den Zulagenansprüchen (2.500 Euro + 678 Euro = 3.178 Euro), jedoch begrenzt auf 2.100 Euro. Bei einem angenommenen Grenzsteuersatz von 40 Prozent ergibt sich eine Steuerersparnis von 840 Euro. Das sind 162 Euro mehr als die Zulage. A und B erhalten eine entsprechende Steuerermäßigung. Das Fördervolumen beträgt also 840 Euro. Das sind rund ein Drittel ihrer eigenen Sparleistungen bzw. gut ein Viertel der gesamten Sparleistungen aus Zulagen und eigenen Altersvorsorgebeiträgen.

Familien mit Kindern und geringem Einkommen profitieren am meisten von der Zulagenförderung. Dabei genügt es, dass nur einer der Ehepartner einer gering bezahlten pflichtversicherten Beschäftigung nachgeht. Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder mit hohem Einkommen werden dagegen am stärksten durch den steuerlichen Sonderausgabenabzug gefördert.

Abschließend noch ein Hinweis zum sogenannten „Wohn-Riester“ (§ 92a EStG): Aus dem geförderten Altervorsorgevertrag kann der Anleger das angesparte Kapital einschließlich staatlicher Förderung entnehmen und es unmittelbar zur Herstellung oder Anschaffung von selbst genutztem inländischen Wohneigentum verwenden. Der entnommene Betrag ist in monatlichen, gleich bleibenden Raten bis zur Vollendung des 65. Le­bensjahres zurückzuzahlen. Mit der Rückzahlung muss der Anleger spätestens im zweiten Jahr nach dem Jahr der Entnahme beginnen. Der Anleger eines zertifizierten Altersvorsorgebetrages (nach Riester) kann aber auch einen Kredit für den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums aufnehmen, dessen Tilgung staatlich gefördert wird mit Grund- und Kinderzulage. Abgewickelt wird der „Wohn-Riester“ über das sogenannte Wohnförderkonto. Auf diesem werden die staatlich geförderten Tilgungsleistungen und die darauf gewährten Zulagen sowie ggf. der Betrag, der aus dem Sparvertrag für die Altersvorsorge zum „Wohn-Riestern“ entnommen wurde, erfasst.

Das im Wohneigentum gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgekapital wird dann nach § 22 Nr. 5 EStG nachgelagert besteuert, wenn die Auszahlungsphase im Rentenalter beginnt. Im Falle einer jährlichen Besteuerung ist der in das Wohnförderkonto eingestellte Betrag bis zum 85. Lebensjahr gleichmäßig zu verteilen und Jahr für Jahr der entsprechende Teilbetrag dem zu versteuernden Einkommen hinzuzurechnen. Wird die einmalige Besteuerung gewählt, sind nur 70 Prozent des Betrages einmalig dem zu versteuernden Einkommen hinzuzurechnen.