Schausteller sind die Vorboten der
europäischen Einigung

Ein Beitrag von Präsident Albert Ritter zur Schobermesse 2008

An einem Sonntag auf der Schobermesse. Das berühmte Luxemburger Volksfest lädt ein zu Spaß und Unterhaltung für jedermann. Kinder drängen ihre Eltern zu den bunten Karussells. Von der Fahrt im roten Feuerwehrauto oder dem Ritt auf dem historischen Holzpferd können sie nicht genug bekommen. Ein älteres Ehepaar lauscht in Gedanken versunken dem Klang der Konzertorgel. Teenager liefern sich auf dem Autoskooter ein rasantes Wettrennen. Wer erinnert sich nicht gern an seinen ersten Kirmesbesuch? An die Zuckerwatte, die sich hartnäckig über das ganze Gesicht verteilte, an die erste Fahrt im Karussell, den großen roten Liebesapfel und zum Abschluss gab’s eine große Portion Pommes frites. Volksfeste sind Feste für das Volk. Seit Jahrhunderten bieten sie den Menschen nicht nur Zerstreuung und Abstand vom Alltag. Sie haben zugleich ihren unverzichtbaren Stellenwert im dörflichen und städtischen Leben. Wie ließ schon Johann Wolfgang von Goethe den Gelehrten Faust beim Osterspaziergang sagen? „Ich höre schon des Dorfs Getümmel, hier ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden, jauchzet Groß und Klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“

Warum besuchen die Menschen Volksfeste? Volksfeste sind Stätten der Begegnung und der Kommunikation. Ihr Angebot richtet sich an alle Menschen, unabhängig von Portemonnaie, Bildungsgrad und sozialem Status. Der Dichter Eugen Roth schrieb einst: „Hier sitzt der Maurer neben dem Professor, je enger, desto besser.“ Auf dem Volksfest sind alle Generationen, vom dreijährigen Enkel bis zum 93-jährigen Großvater, vertreten. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Feste ist sicherlich ihr vielschichtiges Angebot von A wie Achterbahn bis Z wie Zuckerwatte. Ob Kinderkarussell, Geisterbahn oder nostalgischer Kettenflieger – es ist für jeden etwas dabei. Ein Volksfest ist Ausdruck der Lebensfreude und des Brauchtums einer Region. Große und kleine Volksfeste und Kirmessen finden fast das ganze Jahr über statt. Sie bieten, Vergnügen, Entspannung, Abwechslung und damit Erholung für Jung und Alt. Doch Volksfeste haben auch eine soziale gesellschaftliche Funktion; sie sind notwendig, damit die Menschen vom Alltag einmal abschalten und die unbeschwerte Atmosphäre dieser Veranstaltungen genießen können. Das Ambiente auf den Festen, die Lichter, Musik, Wärme, aber auch die Gerüche, die Dekorationen der Buden und Geschäfte öffnen uns die Tür zu einer Welt, in der das Fest Bestandteil unseres Denkens ist. Unsere Welt wäre ärmer ohne die Volksfeste.

Schaustellerei – zwischen Beruf und Berufung. „Es ist kein Blumenbeet zu schade, um nicht ein Karussell darauf zu bauen“, dieses Zitat von Papst Johannes XXIII. sagt sehr viel über die kulturelle und soziale Bedeutung von Volksfesten aus. Hinter den Kirmessen und Jahrmärkten stehen die Schausteller, die die Veranstaltungen erst möglich machen. Schaustellerunternehmen sind überwiegend Familienbetriebe, die bereits über viele Generationen bestehen. Die Geschäfte werden traditionell an die Nachfolger weitergegeben. Für die Schausteller ist das Familiengeschäft weit mehr als ein Wirtschaftsunternehmen, mit dem Einkünfte erzielt werden. Die Schaustellerei bedeutet Traditionspflege, Familienbewusstsein, Zusammengehörigkeitsgefühl und vor allem Identifikation mit dem Beruf. Der Beruf des Schaustellers ist zwar im arbeitsrechtlichen Sinne kein Lehrberuf, jedoch muss, wer in dieser Tätigkeit erfolgreich sein will, mehr lernen und breiter gefächerte Kenntnisse aufweisen, als solche, die in manchem traditionellen Lehrberuf erforderlich sind.

Praktisch beginnt die Lehrzeit schon im Kindesalter. Da der Schaustellerberuf fast ausschließlich im Familienverband ausgeübt wird, sind die Kinder dabei, wenn z. B. die Geschäfte auf- oder abgebaut, oder die Wohn- und Gerätewagen transportiert und auf den Veranstaltungsplätzen zentimetergenau auf ihre Stellplätze rangiert werden. Bei Reparaturarbeiten oder der in den Wintermonaten fälligen Renovierung der Geschäfte und Fahrzeuge lernt der Heranwachsende den Umgang mit Werkzeugen. Um später den Betrieb leiten zu können, ohne wegen jeder Kleinigkeit Handwerker in Anspruch nehmen zu müssen, sind Grundkenntnisse im Elektriker-, Schlosser-, Maler- und Tischlerhandwerk unerlässlich. Als Beifahrer beim Transport der Fahrzeuge von Platz zu Platz lernt der Schaustellernachwuchs frühzeitig richtiges Verhalten im Verkehr und erlangt so spielerisch Kenntnisse allgemeiner und speziell für Schaustellertransporte wichtiger Verkehrsvorschriften und Verhaltensweisen.

Doch zu den praktischen Kenntnissen und handwerklichen Fähigkeiten braucht es auch eine Portion Theorie, fachspezifisches Wissen also, ohne das kein Schaustellerbetrieb erfolgreich geführt werden kann. Dazu gehört ausreichendes kaufmännisches Wissen ebenso wie die Kenntnis der gewerberechtlichen Vorschriften und Gesetze, die den jeweiligen Betrieb betreffen. Um die Zulassung seines Geschäftes zu den jeweiligen Veranstaltungen muss sich ein Schausteller jedes Jahr aufs Neue bewerben und zwar auch dann, wenn er als „bekannt und bewährt“ schon seit Jahren zu den Stammbeschickern einer Veranstaltung zählt. Dass dabei ein gewisses persönliches Verhandlungsgeschick ebenso hilfreich ist wie etwa die Fähigkeit, sich auch im Schriftverkehr entsprechend auszudrücken, versteht sich von selbst. Und schließlich bedarf es noch eines Talentes, das nicht unbedingt erlernt werden kann, nämlich das Talent zur Improvisation. Bei den meist recht unvermutet auftauchenden Schwierigkeiten und Pannen reicht es oft nicht aus, sie zwar rein technisch lösen zu können, den aufgetauchten organisatorischen Problemen aber womöglich nicht gewachsen zu sein. In solchen Situationen bedarf es der Improvisation, eben dem „gewusst wie“. – Das alles zusammen macht den erfolgreichen Schausteller aus.

Europas Schausteller: Profis in Sachen Volksfeste. Die Schausteller in Europa stehen für eine Lebensart, eine Kultur. Immer schon zeigten sie ihre Künste und Geschäfte an ständig wechselnden Ort, oft grenzüberschreitend. Die Schausteller verfügten schon früh über die besondere Gabe, sich fremden Mentalitäten und Wünschen anzupassen. Wegen dieser Mobilität und Kontaktfreude werden die Schausteller gerne als Vorboten der europäischen Einigung angesehen. Die Luxemburger Schobermesse bietet das beste Beispiel für gelebte europäische Kultur und Tradition; nicht nur unter den Besuchern, sondern auch unter den Schaustellern. Sie ist ein europäisches Volksfest durch und durch. Das friedliche Miteinander auf dem Kirmesplatz von Schaustellern aus England, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Niederlanden, Österreich und Deutschland zeigt, wie der europäische Gedanke erfolgreich gelebt werden kann.

Die Volksfeste in Europa sind ein bedeutendes Kulturgut und haben die gesellschaftliche und geschichtliche Entwicklung des Staatenverbundes maßgeblich mitgeprägt. Die Zukunft des Schaustellergewerbes wird mehr und mehr von europäischen Gremien bestimmt. Daher ist die konstruktive Zusammenarbeit zwischen den europäischen Schaustellern notwendiger denn je, um so die Rahmenbedingungen für den Berufsstand zu verbessern. Einigkeit macht stark und nur in der Gemeinschaft lassen sich gemeinsame Lösungen finden. Doch zur Interessenvertretung bedarf es eines starken internationalen Berufsverbandes.

Am Anfang war die ESU. Die Europäische Schausteller-Union (ESU), mit Sitz in Luxemburg, wurde 1954 in Amsterdam gegründet. Sie ist die älteste europäische Berufsorganisation mit über 70.000 Mitgliedern in 21 nationalen Verbänden und leistet als nichtstaatliche Organisation seit Jahrzehnten anerkannte Arbeit zum Wohle des europäischen Kulturguts Volksfest. Die ESU stellt einen internationalen Zusammenschluss nationaler Vereinigungen reisender Schausteller sowie Freizeitpark- und Circusvereinigungen dar. Ihr Ziel ist die freiwillige, freundschaftliche und berufsverbindende Vereinigung aller Angehörigen des Schaustellerberufsstandes über ihre nationale Berufsorganisation in Europa. Der Organisation sind der Europäische Frauenbund und die Europäische Schausteller-Jugend-Union angeschlossen. Als beratendes Mitglied im Europarat, dem Ausschuss Handel und Vertrieb der Europäischen Union und der Europäischen Bewegung setzt sich die ESU seit 54 Jahren für die Interessen der Schausteller und die Sicherung der Volksfeste in Europa ein. Zu Recht bezeichnet sich die ESU als Vorreiter des europäischen Gedankens. Erst drei Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1954 wurde mit der Unterzeichnung der „Römischen Verträge” die Grundlage der Montanunion, der EWG, EG und der heutigen EU geschaffen. Vorreiter der Völkerverständigung sind die Schausteller- und Circusangehörigen aber seit jeher.

Seit über 2.000 Jahren, so alt ist bereits der Spruch „panem et circensis”, gibt es die älteste Form der Kulturveranstaltung: Jahrmärkte, reisende Circusse und Volksfeste, auf denen sich Schausteller, Artisten, Händler und Geschichtenerzähler versammelten, um ihr Können zur „Schau zu stellen”, Handelswaren aus nah und fern anzubieten und über Ereignisse und Nachrichten aus fremden Ländern zu berichten. Für das Publikum waren die Jahrmärkte und Volksfeste auch deshalb ein Erlebnis, weil sie unbekannte Kulturen, Traditionen und Waren kennenlernten und sich so ein Bild davon machen konnten, was außerhalb ihrer eigenen Erfahrungswelt lag. Schausteller und Artisten zählen zu den frühesten Kulturbotschaftern in Europa. Sie haben Volksfeste und Jahrmärkte zu dem gemacht, was wir heute lapidar als „kulturelle Begegnung” bezeichnen. Sie und ihre Familien sind seit Jahrhunderten in Europa zuhause. Zusammen mit den annährend 300 Freizeitparks vergnügen sich jedes Jahr über eine Milliarde Menschen aller Altersgruppen auf den 30.000 Volksfesten in Europa. Das ist eine Abstimmung mit den Füßen. Wohl kaum eine andere Kultursparte erreicht jährlich ein so großes Publikum.

Einigkeit macht stark! – die Arbeit der ESU. Schausteller-, Circus- und Freizeitpark-Unternehmer haben schon früh erkannt, dass durch die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft den Bürgern Europas Frieden, höherer Lebensstandard und mehr Einfluss gebracht werden. Sie wissen aber auch, das nur durch Gemeinsamkeit dem industriellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel begegnet werden kann. Für diese Aufgabe setzt sich die Europäische Schausteller-Union mit Tatkraft und Entschlossenheit seit über 50 Jahren ein. Ob Verkehrs- und Sicherheitsfragen, Normung, Sicherheitsstandards, Tachografenbefreiung, steuerliche Entlastungen, Lebensmittelrecht, Windlast- und Umweltzonen – in Gesprächen mit den politischen Verantwortlichen in Brüssel und Straßburg gilt es, den Forderungen der Schausteller Nachdruck zu verleihen.

Eine Hauptaufgabe der Europäischen Schausteller-Union ist die Forderung, den kulturellen Status für Volksfeste in Europa festzuschreiben. Wie wichtig dieser Einsatz auf europäischer Ebene ist, zeigte sich Mitte des vergangenen Jahres. Mit einer eindrucksvollen Demonstration protestierten europäische Schausteller Ende Juli 2007 im niederländischen Tilburg gegen Pläne der nationalen Regierung in Den Haag, eben diesen kulturellen Status in den Niederlanden abzuschaffen und damit verbunden, die Mehrwertsteuer von 6 auf 19 Prozent zu erhöhen. 245 Schaustellerbetriebe beteiligten sich auf dem großen Kirmesplatz von Tilburg für eine symbolische Viertelstunde an der Demonstration. Lautstark unterstützt wurden sie dabei von Vertretern der Behörden, Kirchen und zahlreichen Kirmesbesuchern, die mit 60.000 Leuchtstäben winkend immer wieder ihr „Neeee!” zu den Kabinettsplänen skandierten. Die Schaustellerdemonstration war von Erfolg gekrönt. Die niederländische Regierung zog nach dem Nein der Schausteller ihre Pläne zurück. In Tilburg wurde nicht nur für die niederländischen sondern für die Interessen aller europäischen Schausteller demons-triert und ein dringender Appell an die EU-Regierungen gerichtet, akzeptable Rahmenbedingungen für das europäische Schaustellergewerbe zu schaffen.

Wir machen Freizeit zum Vergnügen! Feiern ist ein menschliches Grundbedürfnis, dem man nirgendwo so zwanglos nachkommen kann, wie auf dem Volksfest. Die Pflege von Brauchtum und Tradition ist für die Zukunft einer Gesellschaft von existenzieller Bedeutung. Die europäische Volksfestkultur ist in ihrer Art einzigartig auf der Welt. Begriffe wie Kirmes oder Kirchweihe zeugen von einer jahrhundertealten Tradition der Veranstaltungen. Das älteste deutsche Volksfest etwa ist das „Lullusfest” in Bad Hersfeld, das auf eine über 1200-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die Schobermesse in Luxemburg wurde erstmals 1340 urkundlich erwähnt. Die Chronisten berichten: Am 20. Oktober des Jahres 1340 siegelte Johann Graf von Luxemburg und König von Böhmen in seinem Schloss in Luxemburg ein Dokument, in welchem er seiner Hauptstadt das Privilegium einer acht Tage dauernden Jahresmesse anerkannte. Dieser Jahrmarkt „Schueberfouer” genannt, begann damals und beginnt auch heute noch am Vorabend des Festes zu Ehren des heiligen Bartholomäus, des Apostels (23. August). Dieser im Mittelalter und bis in die Neuzeit für die Stadt Luxemburg politisch und wirtschaftlich sehr wichtige, international besuchte Jahrmarkt entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu dem beliebten Vergnügungsplatz, wie wir ihn heute kennen.”

Volksfeste erzielen Umsätze in Milliardenhöhe und bringen zusätzliche Einkommen und Steuereinnahmen für die veranstaltenden Städte und Regionen. Daneben profitieren Branchen, wie beispielsweise Hotellerie und Gastronomie, aber auch der Lebensmittelhandel und Brauereien von den Veranstaltungen. Volksfeste sind Städtewerbung und in Attraktivität und Besucheraufkommen unvergleichbar. Für die zahlreichen Veranstaltungen sind die Schausteller Fachleute und ein Garant für eine besucherfreundliche Organisation und Durchführung.

Märkte und Städte haben eine lange, gemeinsame Tradition. Über den Erfolg einer Ansiedlung, darüber, ob aus einer Ansiedlung eine Stadt werden konnte, entschied häufig die Frage, ob es ihr gelang, Marktrechte zu erwerben und den Markt erfolgreich zu etablieren. Der Erfolg eines Marktes wurde schließlich auch davon bestimmt, ob er zunächst durch ein attraktives Angebot an Handelswaren und zunehmend auch durch andere Attraktionen ein breites Publikum aus der nahen wie fernen Umgebung anlocken und an sich binden konnte. Man kann deshalb mit Fug und Recht sagen, dass Städte ohne Märkte – Handels- ebenso wie Jahr- und andere Vergnügungsmärkte – nicht denkbar waren und sind. Auch wenn diese Verbindung heute nicht mehr so eng ist, bleibt doch richtig, dass Märkte und Städte zusammengehören und die Städte - im doppelten Sinn des Wortes – ohne die Vielfalt und Differenziertheit ihrer Märkte um vieles ärmer wären.

Märkte und Städte waren aber auch deswegen immer so erfolgreich, weil sie sich flexibel den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bürgerinnen und Bürger und ihrer Besucher angepasst haben. Auf die zunehmend vielfältiger werdenden Wünsche haben die Marktbetreiber durch eine größere Vielfalt und stärkere Differenzierung der Märkte reagiert. So sind in den großen Städten die Volksfeste und Jahrmärkte entstanden. Angesichts des mittlerweile unüberschaubaren Angebots an „Events” aller Art in den Städten und der immer größer werdenden Investitionssummen für neue Fahrgeschäfte stellt sich heute die Frage, wie auf diese Herausforderungen reagiert werden soll. Die Antwort lautet: Man muss sich über erfolgreiche Anpassungsstrategien Gedanken machen.

Der Deutsche Schaustellerbund hat hier reagiert und eine Studie mit strategischen Handlungsempfehlungen und Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation der Volksfeste herausgegeben. Ein Schwerpunktthema ist der demografische Wandel in der Gesellschaft. Gerade mittlere Volksfeste haben sich in den letzten Jahren auch aufgrund einer starken Orientierung an Fahrgeschäften und vorrangig technologischer Innovation („schneller – höher – weiter”) teilweise zu reinen Jugendveranstaltungen gewandelt. Aufgrund des demografischen Wandels wird die Zielgruppe der 6-36-jährigen jedoch mittelfristig weiter stark schrumpfen. In der Konsequenz bedeutet dies für viele Volksfeste einen schon jetzt wahrnehmbaren deutlichen Rückgang an Besucherinnen und Besuchern.

Verbunden damit ist auch ein Interessenwandel in dieser Altersgruppe. Kinder interessieren sich immer früher schon für „jugendliche” Fahrgeschäfte und Action-Angebote, Jugendliche und junge Erwachsene haben aufgrund erhöhter Mobilität und technologischen Wandels zunehmend mehr Möglichkeiten auch außerhalb von Volksfesten attraktive und teilweise teure Freizeitangebote wahrzunehmen. Neben Internet, Handy und Spielkonsolen sind hier Freizeitparks, große Einkaufscenter und (Kurz-) Urlaube zu nennen. Solche veränderten Freizeitgewohnheiten stellen vor allem in finanzieller Hinsicht eine zunehmende Konkurrenz für Schausteller und Volksfeste dar.

Demgegenüber ist die Zielgruppe der Über-40-jährigen ohne Kinder eher wenig auf Volksfesten vertreten. Dies aber ist zugleich die Zielgruppe, die insgesamt über das größte Einkommen verfügt und ein intensives Interesse an Abwechslung und werthaltigem Konsum hat. Eine strategische Neuausrichtung der Volksfeste muss sich also daran orientieren, diese Zielgruppe für das Volksfest wieder zurückzugewinnen, das Volksfest also wieder zu einem gemeinsamen Erlebnis für alle Altersgruppen zu entwickeln. Insbesondere manche kleinere Volksfeste können dazu aufgrund gewachsener Traditionen und der eindeutig vermittelbaren Nähe („hier trifft man sich”) viele Anregungen bieten. Die nach wie vor positive Entwicklung der „Weihnachtsmärkte” zeigt die Möglichkeiten, die in einer Trendwende bei der Zielgruppe liegen.

Auch an der neuen Trendzielgruppe Senioren kommt keiner mehr vorbei. Denn deren Anteil an der Bevölkerung wächst: So wird zum Beispiel im Jahr 2030 jeder dritte Bürger in Deutschland über 60 Jahre alt sein. Die neuen Alten haben zudem eine beträchtliche Kaufkraft: Die 55- bis 65-Jährigen geben monatlich knapp 2.360 Euro pro Haushalt für Konsum aus, ermittelte das Statistische Bundesamt. Der Deutsche Schaustellerbund setzt mit neuen attraktiven Besucherangeboten konsequent auf die Umsetzung der Marketingstudie. Ziel ist es, mit Extra-Veranstaltungen und Thementagen neue Besucherschichten auf das Volksfest zu bringen und die Stammkunden noch besser von der Attraktivität der Veranstaltung zu überzeugen.

Qualitative Verbesserungen und verstärkte Innovationen in allen Sparten führen zu veränderten Anforderungen an Schausteller und Veranstalter. Die gemeinsamen Aufgaben müssen professionell vorbereit und durchgeführt werden. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Volksfeste in Europa auch weiterhin eine Zukunft haben. Städte leben nach wie vor davon, ihren Bürgerinnen und Bürgern, aber auch ihren Besuchern ein attraktives und vielfältiges kulturelles Angebot machen zu können. Volksfeste sind dafür ein unverzichtbarer Bestandteil.