Die neue „Gesundheitsversicherung“

Neues Recht in vier Jahres-Etappen

Von Wolfgang Büser

Die Gesundheitsreform trat am 1. April 2007 in Kraft. Dies allerdings nur mit einem Teil der Neuregelungen. In den Jahren 2008, 2009 und 2011 soll das Werk vollendet sein. Die Regierung spricht von der „neuen Gesundheitsversicherung“. Die heftigen Diskussionen in den vergangenen Monaten haben bei den Betroffenen den Blick für Details verbaut. Deshalb hier eine Übersicht: Was gilt für wen ab wann?

Das neue Recht wirkt in einem wichtigen Teilbereich schon seit Anfang Februar 2007. Hierbei geht es um diejenigen Arbeitnehmer, die wegen der Höhe ihrer Einkünfte ihre gesetzliche Krankenkasse verlassen und sich entweder einer privaten Krankenversicherung anschließen – oder gar nicht mehr versichert sein wollen. Das neue Gesetz hat die Hürde dafür erheblich angehoben.

Von der „GKV“ in die „PKV“. So war es bisher möglich, in das andere Versicherungssystem überzutreten, sobald das regelmäßige Gehalt einschließlich etwaiger Sonderzahlungen die „Jahresarbeitsentgeltgrenze“ (JAE-Grenze – 2007: 47.700 Euro) überschritten hatte. Vom folgenden Jahr an konnte der Wechsel vollzogen werden. Nun muss dafür ein Dreijahreszeitraum abgewartet werden. Strenger noch: Konnte bisher ein Arbeitnehmer, der gleich mit einem Gehalt oberhalb der JAE-Grenze ins Berufsleben eintrat, von vornherein den privaten Krankenversicherungsschutz wählen, so muss er nach dem neuen Recht ebenfalls drei (Kalender-)Jahre warten, bis er dieses Recht hat. So kann es sein, dass ein solcher Arbeitnehmer, der im Juni 2007 seinen ersten Job beginnt, erst vom Jahr 2011 an der gesetzlichen Krankenkasse Ade sagen kann. Zum 1. Januar 2010 wäre dies möglich, wenn sein Jahresentgelt von Juni bis Dezember 2007 bereits höher wäre als die komplette JAE für die zwölf Monate des Jahres 2007. Zusatzbedingung: Der Versicherungstausch setzt in jedem Fall voraus, dass auch die zum Zeitpunkt des Übergangs (also 2010 oder 2011) maßgebende JAE überschritten wird. Wechselt ein Arbeitnehmer im Laufe des Jahres den Arbeitgeber, so muss der neue Arbeitgeber feststellen, wie es um die Versicherungspflicht des neuen Mitarbeiters bestellt ist. Er benötigt dazu vom vorherigen Arbeitgeber (beziehungsweise den vorherigen Firmen, bei denen der Betriebsneuling beschäftigt war) die Verdienstangaben, um das korrekt ausrechnen zu können.

Vom 1. April 2007 an geht es unter anderem um die Pflicht zur Versicherung/den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung derer, die schon einmal „GKV“-krankenversichert waren, und neue Wahlmöglichkeiten für die gesetzlich Krankenversicherten. Jetzt haben alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland eine Absicherung im Krankheitsfall, nachdem die Zahl derer, die aus einem der Versicherungssysteme – meist aus Geldnot – ausgeschieden sind, immer größer geworden war. Das gilt in vollem Umfang vom Jahr 2009 an. Ab April beziehungsweise Juli 2007 ist aber bereits vorgesehen: Für Versicherte, die schon einmal einer gesetzlichen Krankenkasse angehört haben, gilt die Versicherungspflicht sofort. Wer zuletzt gesetzlich krankenversichert war, der kann wieder Mitglied seiner letzten Krankenkasse (oder dessen Rechtsnachfolger) werden. In der privaten Krankenversicherung gibt es ab Juli 2007 ein Beitrittsrecht in den „Standardtarif“. Wer zuletzt privat krankenversichert war, der wird wieder bei einem PKV-Unternehmen versichert. Wegen Vorerkrankungen darf niemand abgelehnt werden. Der Standardtarif entspricht dem Leistungsumfang der „GKV“; er sieht weder Risikozuschläge noch Leistungsausschlüsse vor. Wer bisher weder privat noch gesetzlich versichert war, der wird dem System zugeordnet, dem er oder sie „auf Grund der ausgeübten Tätigkeit zuzuordnen ist“. Wichtig auch: Alle derzeit nicht versicherten Personen werden nicht gezwungen einer gesetzlichen oder privaten Kasse beizutreten. Hat sich jedoch eine bislang unversicherte Person nicht versichert und benötigt sie eine Behandlung, so schuldet sie der betreffenden Krankenkasse oder Versicherung, die sie dafür in Anspruch nimmt, die zwischenzeitlich nicht geleisteten Beiträge. Ehepartner und Kinder ohne oder nur mit Minijob bleiben kostenfrei gesetzlich krankenversichert. Dasselbe gilt für die gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaften. In der privaten Krankenversicherung bleibt es – wegen der Kalkulationssystematik – dabei, dass für (Ehe-)Partner und Kinder eigene Verträge abgeschlossen werden müssen, sollen sie nicht ohne Versicherungsschutz sein.

Die neuen Wahltarife. Den gesetzlichen Krankenkassen werden „vielfältige Möglichkeiten eröffnet, ihren Versicherten Wahltarife anzubieten und so stärker als bisher im Wettbewerb agieren zu können“, so Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Dabei wird unterschieden zwischen Wahltarifen, die von den Krankenkassen angeboten werden müssen und solchen, die in ihrem Ermessen stehen. Ziel ist es jeweils, Versicherte unter anderem dadurch zur Teilnahme an bestimmten Maßnahmen zu interessieren, dass sie ihnen eine Prämienzahlung oder eine Ermäßigung bei den Zuzahlungen versprechen. So müssen die Krankenkassen zum Beispiel ab April 2007 „strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten“ als Wahltarif anbieten, ferner die sogenannte hausarztzentrierte Versorgung (bei der der Hausarzt jeweils „Anlaufstelle“ für den Versicherten ist und zum Beispiel darüber entscheidet, ob und gegebenenfalls welcher Arzt einer anderen Fachrichtung zusätzlich eingeschaltet werden soll. Beispiel: Ein Versicherter nimmt an einem strukturierten Behandlungsprogramm für Diabetes teil. Seine Kasse bietet ihm einen Wahltarif an, der eine (einmalige) Prämienzahlung von 200 Euro vorsieht.

Die Krankenkassen können (mit einer Mindestbindungsfrist von 3 Jahren) folgende weitere Wahltarife anbieten: Selbstbehalttarife – Das Mitglied verpflichtet sich dann, einen Teil der von seiner Krankenkasse zu tragenden Kosten selbst zu übernehmen. Im Gegenzug wird ihm von der Kasse eine Prämie gezahlt. – Beispiel: Eine Versicherte wählt einen Selbstbehalttarif, bei dem sie im Krankheitsfall die ersten 1.000 Euro selbst aufbringen muss. Ihre Kasse zahlt ihr dafür eine jährliche Prämie von 400 Euro. Hat sie gar keine oder nur geringe Krankheitskosten selbst zu tragen, so rentiert sich dieser Tarif für sie. – Tarife für die „Nichtinanspruchnahme“ von Leistungen – Das Mitglied und seine mitversicherten Familienangehörigen nehmen ein Jahr lang keine Leistungen der Kasse in Anspruch. Die von der Krankenkasse dafür anzubietende Prämie beträgt maximal ein Zwölftel des Jahresbeitrags. – Variable Kostenerstattungstarife – Das Mitglied und seine Familienangehörigen nehmen Kostenerstattung in variablen Formen in Anspruch. – Beispiel: Ein Versicherter wählt einen Tarif, der ihm eine Kostenerstattung für den Fall garantiert, dass sein Arzt eine höhere Vergütung beanspruchen kann, als sie von seiner Krankenkasse normalerweise übernommen wird. Hierfür zahlt der Versicherte einen zusätzlichen Monatsbeitrag. – Tarife, die die Übernahme der Kosten für von der „Regelversorgung“ ausgeschlossene Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen vorsehen – Beispiel: Ein Versicherter ist Anhänger der Anthroposophischen Medizin und der Homöopathie. Seine entsprechend vom Arzt verordneten Arzneimittel musste er bisher komplett selbst bezahlen. Bei seiner Krankenkasse kann er nun diese Mittel zusätzlich versichern – gegen eine Extraprämie.

Die Prämienzahlungen an die „Wahltarif“-Versicherten sind begrenzt: Sie dürfen grundsätzlich 20 Prozent der vom betreffenden Mitglied in einem Jahr getragenen Beiträge nicht überschreiten und außerdem nicht mehr als 600 Euro im Jahr betragen. Über diese – allen Versicherten offenstehenden – Möglichkeiten hinaus, das Leistungsspektrum der Krankenkasse nach eigenen Vorstellungen auszuweiten beziehungsweise einzuschränken, sieht das neue Gesetz im Leistungsbereich noch folgende Änderungen vor: Mutter-/Vater-Kind-Kuren brauchten die Kassen bisher nicht zwingend zu finanzieren. Sie werden ab April 2007 zu Pflichtleistungen – Leistungen der „häuslichen Krankenpflege“ durften bisher nur im Haushalt der Versicherten erbracht werden. Künftig ist die kassenfinanzierte häusliche Krankenpflege auch in Wohngemeinschaften sowie in Heimen möglich – Sogenannte empfohlene Impfungen (etwa eine Grippeschutzimpfung) werden zu Pflichtleistungen der Krankenkassen – Die ambulante Versorgung durch Krankenhäuser soll ausgeweitet werden: für Menschen, die an schweren oder seltenen Krankheiten leiden und eine spezialisierte Versorgung benötigen (zum Beispiel Krebskranke) – Rehabilitationsmaßnahmen müssen von den Krankenkassen bezahlt werden. Vor allem ältere Menschen sollen nach einem Unfall oder einer Krankheit weiter nach ihren eigenen Vorstellungen den Alltag gestalten können und nicht in einem Pflegeheim untergebracht werden müssen – Schwerstkranke und sterbende Menschen sollen in Würde sterben können und möglichst wenig Schmerzen erleiden müssen. Dafür werden sogenannte Palliativ Care Teams aus ärztlichem und pflegerischem Personal zugelassen. Auch die Versorgung schwerst- und sterbenskranker Kinder wird verbessert. – Leistungsmäßig bergab geht es bei „selbstverschuldeter Behandlungsbedürftigkeit“, wie zum Beispiel bei Komplikationen durch Schönheitsoperationen oder nach Piercings beziehungsweise Tätowierungen: Die Kassen brauchen für solche Folgekosten von „medizinisch nicht indizierten Maßnahmen“ nicht mehr aufzukommen.

Die Zahl der Krankenkassen dürfte weiter abnehmen. Denn es werden durch das neue Gesetz grundsätzlich alle Krankenkassen für alle „geöffnet“ (Betriebskrankenkasse dürfen sich von diesem Grundsatz ausnehmen – haben dann aber später keine Möglichkeit mehr, sich auch betriebsfremden Versicherten zuzuwenden). Die Krankenkasse „Knappschaft Bahn See“ ist bereits per Gesetz geöffnet worden. Ferner können Krankenkassen verschiedener Arten – etwa eine AOK und eine Ersatzkasse oder eine Betriebs- und eine Innungskrankenkasse – fusionieren.

1. Juli 2007: „Private“ öffnen sich. Frauen und Männer ohne Krankenversicherungsschutz, die ehemals privat krankenversichert waren (oder typischerweise gewesen wären – etwa Selbstständige), können sich ab Juli 2007 im „Standardtarif“, der in etwa dem Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, der privaten Krankenversicherung versichern. Es gibt für sie keine Risikozuschläge und auch keine Leistungsausschlüsse. Die privaten Versicherungsunternehmen müssen entsprechende Verträge abschließen (sogenannter Kontrahierungszwang). Für Bedürftige wird der Beitrag halbiert, und wenn auch das „unbezahlbar“ sein sollte, tritt das Grundsicherungsamt mit Zuschüssen ein. Der Standardtarif steht ansonsten nur bestimmten Personengruppen offen: generell mindestens 65-Jährigen und darüber hinaus mindestens 55-Jährigen, deren Einkommen nicht höher ist als 47.700 Euro im Jahr und die schon wenigstens zehn Jahre privat krankenversichert sind. (Bislang waren Ärzte nicht verpflichtet, solche Versicherten, für die reduzierte Honorare festgelegt waren, zu behandeln. Das ändert sich ab Juli 2007, wobei auch das Honorar etwas erhöht wird.)

1. Januar 2008: Neues für chronisch Kranke. Chronisch Kranke brauchen sich an den in der gesetzlichen Krankenversicherung üblichen Zuzahlungen nur mit einem Prozent ihrer jährlichen Bruttoeinnahmen zu beteiligen; alle anderen zahlen 2 Prozent. Neu ab 2008 ist die Möglichkeit einer abgesenkten Belastungsgrenze, sofern zuvor regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen worden sind beziehungsweise der Patient mit „eigenem Zutun zur Genesung während der Therapie“ beigetragen hat. Gesundheitsbewusstes Verhalten soll so „gestärkt und Anreize für mehr Vorsorge geschaffen“ werden. Nicht alle Versicherten müssen einen solchen Nachweis erbringen. Wer nach dem 31. März 1972 geboren ist und regelmäßig am allgemeinen Gesundheitsscheck teilgenommen hat, kann die verminderte Belastungsgrenze in Anspruch nehmen, wenn später ein chronisches Leiden auftritt. Frauen, die nach März 1987 geboren sind (Männer nach dem 31.3.1962) und an einem Krebsleiden erkranken, für das Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden, können die verminderte Belastungsgrenze beanspruchen, wenn diese Untersuchungen wahrgenommen wurden. Für ältere Versicherte, die chronisch krank werden, gilt die abgesenkte Zuzahlungsgrenze von einem Prozent automatisch.

1. Januar 2009: Pflicht für alle / „Einheitliche Beiträge“. Es werden „allgemeine einheitliche Beitragssätze“ für alle gesetzlichen Krankenkassen festgelegt. Kassen, die damit nicht auskommen, können in bestimmtem Umfang Zuschläge erheben. Kassen, die mit einer guten Risikostruktur ausgestattet sind, dürfen ihren Versicherten Abschläge bewilligen. Auf diese Weise wird es auch künftig zu unterschiedlich hohen Beiträgen kommen. Die Versicherten können dann einfacher als heute ihre Krankenkasse wechseln. Zum Jahresbeginn 2009 fällt auch der Startschuss für die „allgemeine Pflichtversicherung“. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind bereits ab April 2007 alle Frauen und Männer, die „ihrem Personenkreis zuzuordnen“ sind, versichert. In der privaten Krankenversicherung gibt es ab Juli 2007 das Beitrittsrecht im Basistarif für alle, die der „PKV“ zuzuordnen sind. Ab 2009 besteht eine Pflichtversicherung im Basistarif für alle Personen, die der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind.

Auch wer aus dem Ausland zurückkommt, kann (wieder) privat versichert sein – ohne Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse. Dafür können die Rückkehrer den Standard- und ab 2009 den Basistarif wählen. Waren sie vor der Ausreise gesetzlich krankenversichert, so ist die „GKV“ für sie zuständig (das bereits ab April 2007). Für freiwillig gesetzlich Krankenversicherte galt bisher, dass ihre Mitgliedschaft automatisch beendet wurde, wenn sie zwei Monate lang die Beiträge nicht überwiesen hatten. Ähnliche Verfahren sieht die private Krankenversicherung vor. Das kann künftig nicht mehr passieren. Wer seine Beiträge nicht bezahlt hat, für den „ruhen“ die „normalen“ Leistungen. Die Krankenkasse beziehungsweise die private Krankenversicherung müssen ein Inkassoverfahren einleiten und rückständige Beiträge einfordern („Vollstreckung“).

Wer mutwillig nicht zahlt, der erhält – egal ob gesetzlich oder privat versichert – nur noch unaufschiebbare Leistungen, zum Beispiel die Behandlung akuter Erkrankungen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Wer sich zu spät, zum Beispiel erst, wenn er krank wird, versichert, muss nicht bezahlte Beiträge nachentrichten. Und dafür, dass niemand durch die Beiträge finanziell überlastet wird – ebenfalls gesetzlich wie privat – sorgen Sozialklauseln und für Bedürftige Zuschüsse der Grundsicherungsträger. Die Krankenkassen können Säumniszuschläge von 5 Prozent des rückständigen Beitrags erheben. So wird mit einer Mischung aus Sanktionen und finanziellen Hilfen dafür gesorgt, dass die allgemeine Pflicht zum Abschluss einer Krankenversicherung ihr Ziel erreicht und zugleich die Versicherten über Beitragszahlungen zur Finanzierung ihres Versicherungsschutzes beitragen.

Leichter wechseln. Der Wechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung wird bei – ab Januar 2009 geschlossenen – Verträgen erleichtert. Bisher konnte bei einem Wechsel die sogenannte Alterungsrückstellung (das ist der Betrag, den die Versicherten zur Glättung des sonst höheren Beitrags im Alter aus ihren Prämien ansparen) nicht zu einem neuen Versicherungsunternehmen mitgenommen werden. „Wechsler“ mussten also ihre Alterungsrückstellung wieder neu aufbauen – was ihre Beiträge für die neue Versicherung erheblich verteuerte. Faktisch war der Wechsel damit für langjährig PKV-Versicherte schwierig. Verschärfend kommt hinzu, dass das gewählte Unternehmen bislang den Versicherten ablehnen, Leistungsbereiche ausschließen oder Risikozuschläge wegen Vorerkrankungen verlangen kann. Künftig wird ein Versicherter seine Alterungsrückstellung im Umfang des Basistarifs „mitnehmen“ können. Er wird dann im neuen Unternehmen so gestellt, als ob er dort in dem Alter eingetreten wäre, in dem er den ursprünglichen Versicherungsvertrag im vorherigen Unternehmen abgeschlossen hatte. Der Versicherte muss aber nicht den Basistarif nehmen. Wählt er einen anderen Tarif, so gilt das bisherige Verfahren weiter. Wer aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung „zurück wechselt“, der hat auch in Zukunft nicht das Recht, seine Alterungsrückstellung mitzunehmen.

PKV-„Basistarif“. Der Basistarif ist ein neuer Tarif, den ab 2009 alle privaten Krankenversicherungen anbieten müssen. Er wird auch Menschen mit Vorerkrankungen einen Zugang zur PKV „zu bezahlbaren Konditionen“ ermöglichen, so das Bundesgesundheitsministerium. Bedingung: Wer einem solchen Tarif beitreten will, der muss „aus Gründen seines beruflichen Status der privaten Krankenversicherung zuzuordnen“ sein, also zum Beispiel kein Arbeitnehmer mit einem 400 Euro-Job.

Wer kann in den Basistarif wechseln? Das sind zum einen Nichtversicherte, die früher einmal privat versichert waren (oder typischerweise gewesen wären) – Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte – sie aber nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie drei oder mehr Jahre lang mehr als die Jahresarbeitsentgeltgrenze (2006: 47.700 Euro) verdient haben – Bis Ende Juni 2009 auch alle „normal“ privat Krankenversicherten (und zwar unabhängig von dem Versicherer, dem sie bisher angehört haben). Diese Versicherten können ihre Alterungsrückstellungen zum Teil in die neue Versicherung einbringen. Damit werden sie dann so gestellt, als ob sie dort bereits zu ihrem ursprünglichen Eintrittsalter versichert wären. Nach Juni 2009 können nur noch diejenigen den neuen Tarif wählen, deren Verträge bis Ende 2008 geschlossen wurden und die bereits 55 Jahre alt sind (beziehungsweise vorzeitig Rentner wurden) – Schließlich können auch Privatversicherte, die in finanzielle Not geraten, jederzeit in den Basistarif ihres Unternehmens wechseln – ebenfalls unter Mitnahme ihrer Alterungsrückstellung.

Die Leistungen des Basistarifs werden in Art, Umfang und Höhe dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen – wie derzeit beim Standardtarif. Für Beihilfeberechtigte wird ein vergleichbarer Basistarif angeboten. Die Beiträge in diesem neuen Tarif werden – je nach Alter und Geschlecht – unterschiedlich hoch sein. Risikozuschläge dürfen nicht erhoben werden. Und der höchste Beitrag darf den Maximalbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten. Auch hier wird gelten, was derzeit schon für den Standardtarif geregelt ist: Kann jemand seinen Beitrag nicht bezahlen, so wird die Prämie halbiert. Ist auch das zu viel, so kann er Zuschüsse vom Träger der Grundsicherung beanspruchen. Die Hilfebedürftigkeit orientiert sich an den entsprechenden Regelungen für das Arbeitslosengeld II. Ab 2009 ersetzt der Basistarif den bisherigen Standardtarif. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gelten bestehende Verträge des bisherigen Tarifs fort – wenn der Versicherte nicht in den Basistarif überführt werden möchte.

Gesundheitsfonds. Ein Herzstück der Reform ist der Gesundheitsfonds, mit dem die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung neu gestaltet werden soll. Das bedeutet: Für alle Beitragszahler gilt der gleiche Beitragssatz – wie in den übrigen Sozialversicherungszweigen auch. Der Hintergrund: Die Krankenkassen sollen über finanzielle Vergünstigungen beziehungsweise Beitragserstattungen ihre Mitglieder umwerben – nicht mehr mit (derzeit noch zum Teil erheblichen) Beitragsunterschieden von bis zu vier Prozentpunkten. Bisher legen die etwa 240 Krankenkassen ihre prozentualen Beiträge jeweils eigenverantwortlich fest. Künftig wird das von der Bundesregierung erledigt. Die ab 2009 maßgebende Höhe steht naturgemäß noch nicht fest. Die Krankenkassen erhalten aus dem Fonds pro Versichertem einen pauschalen Betrag. Dieser wird nach Alter, Geschlecht und bestimmten Gesundheitsfaktoren erhöht oder gesenkt.

Wenn eine Krankenkasse mit dem Geld aus dem Fonds nicht auskommt, dann kann sie einen Zusatzbeitrag festlegen: entweder prozentual oder fix. Der Zusatzbeitrag darf aber ein Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds nicht übersteigen. Bei pauschalen Beiträgen bis zu maximal 8 Euro im Monat entfällt die Prüfung der Einkommenshöhe (was insbesondere Geringverdienern höhere Belastungen als „1%“ aufbürden könnte, von Sozialhilfeempfängern abgesehen). Die Krankenkassen werden verpflichtet, ihre Mitglieder über geplante Zusatzbeiträge oder deren Erhöhungen rechtzeitig zu informieren, damit sie gegebenenfalls sofort die Konsequenz ziehen und zu einer anderen Versicherung wechseln können. Den Zusatzbeitrag zahlen die Versicherten allein – also ohne Beteiligung ihres Arbeitgebers.

1. Januar 2011: Das Firmen-Wahlrecht. Ab 2011 erhalten Arbeitgeber die Option, sämtliche Beiträge nur noch an eine sogenannte Weiterleitungsstelle zu überweisen. Die „Bündelung“ des Beitragseinzugs soll durch die Neuregelung stark vereinfacht werden. (aus Komet 5208ff)