Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse Erhöhte Einkommensgrenzen beim Minijob und Midijob Von Dr. Hans-L. Dornbusch Am 1. Januar 2013 trat das Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5.12.2012 (BGBl. I S. 2474) in Kraft. Die monatliche Arbeitsentgeltgrenze wurde für alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse um 50 Euro angehoben. Darüber hinaus wurde für alle Personen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ein neues geringfügiges Beschäftigungsverhältnis aufnehmen, die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt, wodurch sie Ansprüche auf das volle Leistungspaket der Rentenversicherung mit vergleichsweise niedrigen eigenen Beiträgen erwerben. Bei den geringfügig Beschäftigten muss der Arbeitgeber unterscheiden zwischen (§§ 8 Abs.1 Nr.1, 8a und 20 Abs. 2 SGB IV):
Für den Arbeitnehmer war bis 31.12.2012 ein Minijob grundsätzlich sozialversicherungs- und steuerfrei, egal ob er im Betrieb oder Privathaushalt arbeitete. Er kassierte also brutto für netto. Das galt auch, wenn neben einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung noch eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt wurde. Erst ab der zweiten geringfügig entlohnten Nebenbeschäftigung wurden die daraus erzielten Verdienste mit denen der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sozialversicherungs- sowie lohnsteuerpflichtig. Seit 1.01.2013 müssen Arbeitnehmer, die ein neues geringfügiges Beschäftigungsverhältnis eingehen, zusätzlich zum Beitrag des Arbeitgebers einen eigenen Beitrag an die Rentenversicherung abführen. Dieser bemisst sich nach der Differenz zwischen Arbeitgeber-Beitragssatz und allgemeinen Beitragssatz. Das gilt für Minijobber wie für Midijobber sowohl im Betrieb als auch im Privathaushalt. Der Arbeitnehmer kann sich jedoch von der Versicherungspflicht durch schriftliche Mitteilung gegenüber dem Arbeitgeber befreien lassen. 1. Minijob im Betrieb Wird die Entgeltgrenze von 450 Euro nicht überschritten und arbeitet der Minijobber im Betrieb des Arbeitgebers, hat dieser Abgaben in Höhe von 30 Prozent des Bruttoentgelts an die zentrale Einzugsstelle – das ist die Bundesknappschaft – zu entrichten. Davon fließen 15 Prozent an die gesetzliche Rentenversicherung, 13 Prozent an die gesetzliche Krankenversicherung und 2 Prozent als „einheitliche Pauschsteuer“ (§ 40a Abs. 2 EStG) an den Staat, womit die Lohnsteuer, der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer abgegolten sind. Ist der Arbeitnehmer aber privat oder gar nicht krankenversichert, spart sein Arbeitgeber den 13-prozentigen Krankenversicherungsbeitrag. Beispiel Für den Arbeitnehmer fallen keine Abgaben an, wenn das Abschlussdatum seines Arbeitsvertrages vor dem 1.01.2013 liegt. Wer aber nach dem Jahreswechsel einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, zahlt als Arbeitnehmer an die Rentenversicherung 3,9 % (18,9% allgemeiner Beitragssatz abzüglich 15% Beitragssatz des Arbeitgebers) seines Bruttolohnes, wenn er sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lässt. b. Kurzfristige Beschäftigung Auch die kurzfristige Beschäftigung im Betrieb gilt als Minijob, wenn sie nicht länger als zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage dauert und die zeitliche Begrenzung üb-lich ist (Saisonarbeit) oder im Voraus vertraglich festgelegt wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Bei der Zusammenrechnung von mehreren kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen treten an die Stelle des Zweimonatszeitraumes 60 Kalendertage, wenn es sich bei den einzelnen Beschäftigungen nicht jeweils um volle Kalendermonate handelt. Maßgebend für den Beschäftigungszeitraum ist stets das Kalenderjahr. So kann über den Jahreswechsel eine Beschäftigungsdauer von bis zu vier Monaten bzw. 100 Arbeitstagen vereinbart werden. Für kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber die gleichen Steuer- und Sozialversicherungsabgaben an die Bundesknappschaft abführen wie bei regelmäßiger geringfügiger Beschäftigung, also 30% des Bruttogehaltes, und zwar unabhängig von der Gehaltshöhe und abgabenfrei für den Arbeitnehmer, soweit sein Arbeitsvertrag vor den 1.01.2013 datiert ist. Andernfalls zahlt der Arbeitnehmer an die Rentenversicherung 3,9 Prozent (18,9 Prozent allgemeiner Beitragssatz abzüglich 15 Prozent Beitragssatz des Arbeitgebers) seines Bruttolohnes, wenn er sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lässt. Beispiel Auf die Höhe des Arbeitsentgelts kommt es bei kurzfristiger Beschäftigung prinzipiell nicht an. Anders ist es nur, wenn die kurzfristige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 SGB IV). Dann darf ihr Entgelt 450 Euro im Monat nicht übersteigen. Ansonsten ist die Beschäftigung auch für den Arbeitnehmer versicherungs- und steuerpflichtig. 2. Minijob im Privathaushalt Werden geringfügige Beschäftigungen ausschließlich in Privathaushalten ausgeübt, gilt § 8 SGB IV (§ 8a Satz 1 SGB IV). Eine geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt liegt vor, wenn diese durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird (§ 8a Satz 2 SGB IV). Abgrenzungsprobleme sind hier vorprogrammiert. Zu den begünstigten hauswirtschaftlichen Tätigkeiten gehören:
§ 8 SGB IV schreibt außerdem vor, dass entweder das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 450 Euro im Monat nicht übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) oder die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Beide Beschäftigungsformen zählen zu den Minijobs, werden aber sozialversicherungsrechtlich anders behandelt als die geringfügig entlohnte oder kurzfristige Beschäftigung im Betrieb. Die Höhe der Pauschalabgaben beträgt insgesamt nur 14,44 Prozent des Arbeitsentgelts anstelle der 30 Prozent, die für Beschäftigte im Betrieb abzuführen sind. Davon fließen jeweils 5 Prozent an die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung. Die einheitliche Pauschsteuer beläuft sich ebenfalls auf 2 Prozent (§ 40a Abs. 2 EStG) und ist zusammen mit den pauschalen Sozialversicherungsabgaben von 10 Prozent an die Bundesknappschaft zu entrichten. Hinzu kommen noch 1,6 Prozent Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, 0,7 Prozent Umlage zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit (U1) und 0,14 Prozent Umlage zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Schwangerschaft/Mutterschaft (U2). Auch für nach dem 31.12.2012 neu abgeschlossene Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushaushalt auf Minijob-Basis besteht für den Arbeitnehmer eine Beitragspflicht zur Rentenversicherung, wenn er nicht schriftlich bei seinem Arbeitgeber um Befreiung von der Versicherungspflicht nachsucht. Sein Eigenanteil aus der Beitragsdifferenz zwischen dem Arbeitgeberanteil von 5 Prozent und dem vollen Beitragssatz von 18,9 Prozent fällt aber mit 13,9 Prozent deutlich höher aus als bei einem Minijob im Betrieb. Um einen Anreiz für neue Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten zu schaffen und die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen, wurde § 35a ins Einkommensteuergesetz eingefügt. Danach kann ein Steuerzahler, der solche haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse abschließt, als Arbeitgeber auf Antrag 20 Prozent der Kosten, im Jahr maximal 510 Euro steuerlich geltend machen, und zwar in voller Höhe als Abzug von der Steuerschuld (§ 35a Abs. 1 EStG). Beispiel Ist die Arbeitnehmerin privat oder gar nicht krankenversichert, reduzieren sich die Gesamtkosten um weitere 90 Euro auf 1.969,92 Euro. Die Einkommensteuerschuld vermindert sich dann um 393,98 Euro (1.800 Euro Brutto-Jahresentgelt + 169,92 Euro Pauschalabgaben = 1.969,92 Euro; davon 20%). Dann subventioniert der Staat den Minijob sogar mit 224,06 Euro. Handelt es sich nicht um ein geringfügig entlohntes, sondern um ein normales sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Privathaushalt, ermäßigt sich die Einkommensteuer sogar um 20 Prozent der Kosten bis maximal 4.000 Euro jährlich (§ 35a Abs. 2 EStG). 3. Midijob (Gleitzonenfall) Arbeitnehmer können mehrere Minijobs gleichzeitig ausüben, allerdings nicht beim selben Arbeitgeber. Damit soll verhindert werden, dass normale Beschäftigungsverhältnisse in mehrere Minijobs aufgespaltet werden, um Sozialversicherungsbeiträge zu sparen. Werden mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen – egal ob in Betrieben oder Privathaushalten – gleichzeitig ausgeübt, sind die Arbeitsentgelte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zu addieren. Liegt das Arbeitsentgelt aus allen Beschäftigungsverhältnissen nicht über 450 Euro im Monat, handelt es sich bei jeder Arbeitsstelle um eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, die sozialversicherungs- und steuerrechtlich nach Maßgabe der dargestellten Minijob-Regeln abgerechnet werden. Überschreitet das summierte monatliche Arbeitsentgelt aber die neue Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 450 Euro, nicht aber die Einkommensgrenze von monatlich 850 Euro, handelt es sich um einen sogenannten Gleitzonenfall (§ 20 Abs. 2 SGB IV), auch Midijob genannt. Dann sind alle Beschäftigungsverhältnisse in vollem Umfang versicherungspflichtig in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeber hat seinen Beitragsanteil stets in voller Höhe von gegenwärtig 19,275 Prozent (9,45 RV-Beitrag + 7,3 KV-Beitrag + 1,5 ALV-Beitrag + 1,025 PflV-Beitrag) des Brutto-Arbeitslohnes zu entrichten. Die Beiträge der Arbeitnehmer dagegen sind in der Gleitzone von 450,01 bis 850 Euro reduziert auf ca. 11 Prozent bis 20,175 Prozent (9,45 RV-Beitrag + 8,2 KV-Beitrag + 1,5 ALV-Beitrag + 1,025 PflV-Beitrag) des Brutto-Arbeitslohnes. Wer nicht mehr verdient als innerhalb dieser Zone, ob mit einen oder mehreren Jobs, dessen Arbeitnehmerbeiträge werden nach einer besonderen Formel berechnet. Der Ablauf zur Berechnung der abgesenkten Bemessungsgrundlage für Arbeitnehmer ist im § 163 Abs. 10 SGB VI festgelegt. Die Formel lautet F x 450 Euro + [(850:850-450) – (450:850-450) x F] x (Brutto-Arbeitseinkommen – 450 Euro), wobei F einen Faktor darstellt, der sich ergibt, wenn 30 Prozent durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag von zurzeit 39,45 Prozent ( 19,275% Arbeitgeberbeitrag + 20,175% Arbeitnehmerbeitrag) geteilt wird. Der Faktor F wird jährlich vom Bundesministerium für Gesundheit und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gegeben. Im Jahr 2013 beträgt er 0,7605 (30% : 39,45%). Der Faktor F sinkt, wenn der durchschnittliche Sozialversicherungsbeitrag steigt und umgekehrt. Aufgrund dieser Formel wächst der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung schrittweise von rund 11 Prozent bei einem Verdienst in Höhe von 450,01 Euro bis auf rund 20 Prozent bei einem Verdienst von 850 Euro. Beispiel Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen müssen zusätzlich einen Beitrag von 0,9 Prozent der Beitragsbemessungsgrundlage, Mitglieder der gesetzlichen Pflegeversicherung, die kinderlos und älter als 23 Jahre sind, müssen einen zusätzlichen Beitrag von 0,25 Prozent der Beitragsbemessungsgrundlage entrichten. Eine pauschale Besteuerung, die eine rein sozialversicherungsrechtliche Privilegierung darstellt, ist in der Gleitzone nicht möglich. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte vorlegen, der den Lohnsteuerabzug nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen vorzunehmen hat (§ 39b EStG). Bei mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend. Dasselbe gilt bei einer Haupt- und einer Nebenbeschäftigung. Darüber hinaus besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Lohnsteuerpauschalierung nach § 40a Abs. 2a EStG. Danach kann er für geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte wie bisher die Lohnsteuer mit 20 Prozent pauschal erheben, wenn er – wie bei Midijobs aufgrund mehrerer geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, deren Vergütung zusammen 450 Euro im Monat übersteigen – nicht die pauschalen, sondern die allgemeinen Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten hat. Im Gegensatz zur einheitlichen Pauschsteuer sind bei der Lohnsteuerpauschalierung der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer in den 20 Prozent nicht enthalten, sondern kommen noch hinzu. Beispiel Bei der Prüfung der steuerlichen Pauschalierungsvoraussetzungen ist jedes einzelne Beschäftigungsverhältnis für sich getrennt zu betrachten. Steht fest, dass der Arbeitgeber keine pauschalen Rentenversicherungsbeiträge zu entrichten hat, ist die Lohnsteuerpauschalierung möglich, wenn das Arbeitsentgelt für dieses Beschäftigungsverhältnis nicht mehr als 450 Euro im Monat beträgt. Die pauschale Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ist im Gegensatz zur einheitlichen Pauschsteuer nicht an die Bundesknappschaft, sondern weiterhin bei dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzumelden und an dieses abzuführen. 4. Haupt- und Minijobs Wie erwähnt darf neben einer normalen versicherungspflichtigen Beschäftigung eine einzige geringfügig entlohnte Beschäftigung ausgeübt werden, ohne dass diese mit dem Haupteinkommen zusammen zu rechnen sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Dazu zählen auch kurzfristige Beschäftigungen. Werden aber mehrere ge-ringfügige Beschäftigungen neben einer normalen versicherungspflichtigen Tätigkeit ausgeübt, dann scheidet die Zusammenrechnung immer nur für die zeitlich zuerst aufgenommene geringfügige Beschäftigung aus, so dass diese Beschäftigung für den Arbeitnehmer versicherungs- und steuerfrei bleibt. Alle weiteren Einkünfte aus geringfügig entlohnten Beschäftigungen werden aber mit denen aus der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sind steuerpflichtig sowie sozialversicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Von der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung ist der versicherungspflichtig Beschäftigte im Rahmen seiner Minijobs aber generell befreit. Beispiel |
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