Erneute Absage der Weihnachtsmärkte in Bayern
Den weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt traf es eine Woche vor der Eröffnung, als schon fast vollständig aufgebaut war. Die Stadt Nürnberg und der Süddeutsche Schaustellerverband mit ihrem Chef Lorenz Kalb hatten seit dem Frühjahr eine sichere Veranstaltung in den schwierigen Corona-Zeiten geplant. Er sollte erstmals stark entzerrt dezentral auf vier Plätzen stattfinden. Der Hauptmarkt wurde wie noch nie zuvor mit extra breiten Publikumstrassen konzipiert. Die Absage der bayerischen Staatsregierung traf die Schausteller und Marktbeschicker wie ein Keulenschlag.
Lorenz Kalb war in den anschließenden Tagen ein gefragter Interview-Partner der Medien und ließ dabei seinen Gefühlen freien Lauf. Da war ein Schausteller zu erleben, der die Welt nicht mehr versteht, auf die nicht bundeseinheitlichen Regeln hinwies und die eklatanten Widersprüche ungeschminkt aufzeigte. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Weihnachtsmärkte in Berlin stattfinden können, am Rhein-Herne-Kanal in Nordrhein-Westfalen der „Cranger Weihnachtszauber“ läuft und bei Fußballspielen 50.000 Zuschauer ohne Maske ihre Kicker feiern dürfen. Demgegenüber stehen die Absagen der Märkte in der bayerischen Landeshauptstadt München, in der Frankenmetropole Fürth, Erlangen, Forchheim, Regensburg, Schweinfurt, Hof, Bayreuth, Lichtenfels, Bamberg, Forchheim – um nur einige zu nennen. Föderalismus als Entscheidungshoheit der Länder ist schön und gut, aber dem Virus ist das egal.
Ein Stück Kultur zerstören
Einen Tag vor dem Prolog des Christkindes, – der erstmals nur virtuell geplant war, – lud Lorenz Kalb die Presse am Nachmittag auf die „Kinderweihnacht“ im Herzen der Stadt ein. Dort erläuterte er die aktuelle Situation der von der Absage betroffenen Schaustellerfamilien und forderte von Bund und Land schnelle und unbürokratische Hilfen für seine Kollegen. „Es geht hier um die schlichte Existenz. Hier wird ein Stück Kultur zerstört. Viele Betriebe werden die Winterpause jetzt nicht überstehen und ihre Betriebe schließen müssen. Es sieht schwarz aus für unseren Berufsstand und für die Saison 2022“ waren seine Worte. Besonders ärgerte er sich über eine Videokonferenz mit der bayerischen Staatsregierung wenige Tage zuvor, an der Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger nicht teilnahm und eine Zusage auf Überbrückungshilfen zwar zur Kenntnis genommen wurden, aber die konkrete Zusage ausblieb.
Bayreuth und Regensburg
In der Stadt am Roten Main in Bayreuth genehmigte die Verwaltung – als Entschädigung für viele ausgefallene Veranstaltungen – in diesem Jahr einen vorgezogenen Start des Weihnachtsmarktes. Es ging planmäßig am 15. November in der Innenstadt los, konzipiert als stille Woche, ohne aufwendige Beleuchtung und ohne Musik. Die offizielle Eröffnung mit Paukenschlägen war für den 22. November angesetzt. Klar, dass die Absage im laufenden Betrieb für Chaos sorgte. Der Abbau war unvermeidbar und auch der Bayreuther Christkindlesmarkt ist dem aktuellen Corona-Infektionsgeschehen im Freistaat Bayern zum Opfer gefallen. Fast. Zwar ist der Ausschank alkoholischer Getränke nicht gestattet, aber – wie auch im vergangenen Jahr – stehen weiterhin Standplätze für Marktbuden zur Verfügung und die Stadt verzichtet auf die Sondernutzungsgebühren. In einer Pressemitteilung steht zu lesen: „Um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen, weist die Stadtverwaltung darauf hin, dass es sich bei diesem Angebot weder um einen Weihnachtsmarkt noch um ein Ersatzangebot für einen Christkindlesmarkt handelt. Dies ergibt sich allein schon daraus, dass der ursprüngliche Weihnachtsmarkt mit 36 Verkaufsbuden bestückt war. Übrig geblieben sind jetzt elf Stände, die räumlich voneinander entzerrt aufgebaut sind. Darüber hinaus werden auch die Kinderkarussells vor der Spitalkirche und dem Finanzamt abgebaut, um jeden Anschein eines Weihnachtsmarktes auszuschließen.“ Abschließend weist die Stadt darauf hin, dass die Sondernutzungserlaubnis für die Beschicker pandemiebedingt, jederzeit widerrufen werden kann.
Im Herzen Bayerns, in der UNESCO-Welterbe-Stadt Regensburg, wurde der Christkindlmarkt am Neupfarrplatz ebenfalls abgesagt. Es eröffnete dagegen am 19. November der fürstliche Weihnachtsmarkt auf Schloss St. Emmeram, Stammsitz des Adelsgeschlechts Thurn und Taxis. Die malerisch schöne Kulisse des altehrwürdig Adelssitzes ist alljährlich Schauplatz für einen ganz besonderen Weihnachtsmarkt – der Eintritt kostet am Samstag und Sonntag 10,50 Euro. In der überregionalen Presse war von „Weihnachtsmarkt-Rebellen“ die Rede und das Publikum staute sich am ersten Wochenende an den Kassen weit zurück. Aktuell ist auch dieser Markt, ebenso wie der Ticket-Verkauf auf der Homepage, geschlossen.
Text und Fotos: Helmut Bresler