„Sünne Peider“ fällt Corona zum Opfer
Für gewöhnlich starten rund 200 Schausteller ihre Saison im ostwestfälischen Versmold. Am Wochenende nach dem 22. Februar, ggf. eine Woche später, falls Karneval auf diesen Termin fällt, wird der St.-Petri-Markt gefeiert nicht so in diesem Jahr.In der über 300-jährigen Tradition des St.-Petri-Marktes, liebevoll auch „Sünne Peider“ genannt, musste die Veranstaltung erst zwei Mal abgesagt werden. Die meisten ahnten wohl bereits Ende des vergangenen Jahres, dass im zweiten Monat des Jahres 2021 keine Innenstadtkirmes stattfinden kann. Dennoch hat sich die Stadt mit einer offiziellen Absage lange zurückgehalten. Erst vier Wochen vor dem theoretischen Kirmesstart wurde eine Pressemitteilung herausgegeben, dass „Sünne Peider“ endgültig abgesagt ist. Man hatte ausgiebig geprüft, ob womöglich eine Kirmes im kleineren Format durchführbar ist, aber auch dies war nicht zu realisieren. So gab es keinen Freikartenregen, keine Besuchermassen und auch keine Partys bis spät in die Nacht. Im aktuellen Lockdown deutete auch nahezu nichts in der über 21.000 Einwohner zählenden Stadt darauf hin, dass sich normalerweise vom 26. bis zum 28. Februar über ein Dutzend Karussells drehen würden. Zwei kleine Hinweise gab es aber doch: Auf einem Grundstück in der Ringallee, auf welchem seit Jahrzehnten zu „Sünne Peider“ Raschs „Musik-Shop“ über Berg und Tal rotiert, hatte die ortsansässige Schaustellerfamilie zwei ihrer Banner aufgestellt. Auf dem einen war das Geschäft in seiner Totalen samt Hinweis seines Besitzers und des Slogans „Das geht ab!“ zu sehen, das andere weckt Hoffnung. Folgender Wortlaut war hier zu lesen: „Wir sind die Lichter aus der Ferne! Bitte bleibt gesund! Wir kommen wieder!
Schaustellerbetrieb Klaus Rasch & Söhne –Wir sehen uns auf der Kirmes!“ Wenn hier nicht die Sehnsucht nach Volksfest und Rummel geweckt wurde, wo dann?! Eine großartige Aktion von Familie Rasch, die an diese charmante Veranstaltung erinnerte.Zwei Möglichkeiten, kulinarisch „Sünne Peider“ etwas näher zu kommen, gab es außerdem. Am Edeka-Markt in der Münsterstraße darf Andre Boritzky seit rund einem Jahr allwöchentlich seinen Imbiss „Fish-Company“ positionieren. Der Run zur Mittagszeit ist beeindruckend! Die Boritzkys sind fleißig und haben ordentlich zu tun! Die Schlange, in welcher der zeitgemäße Abstand von 1,5 Metern genau eingehalten wird, reicht viele Meter weit. Wie fast überall an Imbissbetrieben gilt auch hier, dass der Verzehr in unmittelbarer Nähe untersagt ist und es besteht Maskenpflicht. Für den Fall, dass Kunden Ihre Maske vergessen haben, hat Boritzky eigene, mit seinem Logo bedruckte Masken vorrätig. Der freundliche Service und die Qualität seines aus 100 Prozent Fischfilet bestehendem Backfisch hat sich herumgesprochen. Sowohl Arbeiter in ihrer Mittagspause, der Durchgangsverkehr als auch Einkäufer gönnen sich den heißen wohlschmeckenden Snack zwischendurch. Nachmittags laufen die klassischen Fischbrötchen besser. Gern nimmt mansich ein mit Seelachs, Bismarck-, Bremer-oder Brathering belegtes Brötchen mit auf die Hand. Am späten Nachmittag erhöht sich dann wieder die Nachfrage des Backfisches, der gern als Abendbrot verspeist wird. Geöffnet hat die „Fish-Company“ jeden Freitag von 11 bis etwa 18 Uhr je nach Kundenaufkommen.Etwa 600 Meter weiter nördlich, im Westheider Weg, hat Jutta Heitmann ihre Süßwarenhütte aufgebaut. Montags bis samstags locken hier fruchtige Schokospieße, gebrannte Mandeln, Popcorn, Zuckerwatte, Liebesperlen und vieles mehr. Zu den Bestsellern gehören die Lebkuchenherzen mit der deutlichen Aussage „Fuck Corona“. Frau Heitmann steht die Sehnsucht nach einer gewöhnlichen Kirmes ins Gesicht geschrieben. Dass der St.-Petri-Markt in diesem Jahr nicht stattfinden konnte, war für sie und ihre Kunden schon länger klar –die Tatsache, dass er aber nun am vierten Februarwochenende tatsächlich nicht durchgeführt wurde, war für Schausteller und Kirmesfans ein Stich ins Herz. Hoffentlich können wir bald wieder zur Normalität übergehen. Versmold wäre gewiss bereit. Viele Bauarbeiten am Rathaus und rund um die Petri-Kirche sind bereits beendet und wenn die Schausteller wieder in die Stadt reisen, wird der Bummel über „Sünne Peider“ womöglich noch ein wenig schöner.