Festwirt ruft nach Streit mit der Stadt zur Demo auf
In Geretsried, einem Städtchen zwischen dem Starnberger See und Bad Tölz, feiert man jedes Jahr das kleine zehntägige Volksfest „Geretsrieder Waldsommer“, derzeit natürlich unter Einhaltung der Coronabedingungen und in etwas abgespeckter Form. Am zweiten Sonntag, dem normalerweise letzten Spieltag mit Frühschoppen im Festzelt und noch einmal regem Treiben auf dem Platze, hat sich in diesem Jahr diesbezüglich nichts dergleichen abgezeichnet. Der Grund war: Festwirt und Veranstalter Christian Fahrenschon aus Rosenheim hatte das Fest am Samstagabend im Einvernehmen mit seinen Bedienungen und Beschickern aus Protest vorzeitig beendet. Stattdessen hat er um 11 Uhr zu einer Demoveranstaltung in seinen, mit Zeltplane überdachten Biergarten eingeladen, um sowohl die Gründe seiner Verärgerung aufgrund der unkooperativen Haltung seitens der Stadtverwaltung kundzutun, als auch auf die allgemein dramatische Lage der Schaustellerbranche aufmerksam zu machen.
Vorausgegangen war Folgendes: Laut Genehmigungsbescheid, der am Tag vor Festeröffnung dem Veranstalter übergeben wurde, ist die Anwesenheit von mindestens vier Security-Leuten festgelegt. Nun haben sich wegen des regnerischen Wetters zu Wochenbeginn nur wenige Besucher auf dem recht überschaubaren Platz und im Biergarten aufgehalten. So hat Christian Fahrenschon montags 15 Minuten vor Feierabend und am Dienstag bereits um 17.00 Uhr zwei der vier Ordnungskräfte nach Hause geschickt. Aus Sicht des Festwirts waren zwei völlig ausreichend. Prompt wurde von den anschließend erschienenen Polizeibeamten eine Ordnungswidrigkeit wegen nicht eingehaltener Auflagen angezeigt. Wie aus der örtlichen Presse zu entnehmen war, haben sich zu diesem Zeitpunkt gerade mal 28 Gäste im Zelt und eine Handvoll Besucher auf dem Gelände aufgehalten. Tags darauf hat Christian Fahrenschon im Rathaus vorgesprochen, um ein Entgegenkommen zu erwirken und darum gebeten, an solchen Regentagen von der Vier-Mann-Regelung abzuweichen. Das Ordnungsamt und der stellvertretende Bürgermeister haben jedoch kein Einlenken gezeigt und auf Einhaltung des von ihm schließlich nicht angefochtenen Genehmigungsbescheides bestanden. Die bittere Enttäuschung über diese unflexible Haltung und das sture Beharren der Verwaltung haben den Festwirt daraufhin bewogen, in Absprache mit allen an der Veranstaltung Beteiligten, die im Übrigen voll hinter ihm stehen, ein vorzeitiges Ende des Festes zu beschließen.
Unter Anwesenheit eines großen Polizeiaufgebotes waren dann am Sonntagvormittag rund einhundert Teilnehmer der Einladung gefolgt und haben sich im Festzelt eingefunden. Neben interessierten Geretsrieder Bürgern und etlichen Schaustellerkollegen konnte Christian Fahrenschon den Präsidenten des Bayerischen Landesverbands der Marktkaufleute und der Schausteller aus München, Wenzel Bradac, sowie den Vorsitzenden des Schwäbischen Schaustellerverbandes aus Augsburg, Josef Diebold, begrüßen.
Er hat noch mal die leider sehr negativen Vorfälle der letzten Tage zum Ausdruck bringen können und bedauerte die momentane Situation, zumal er und seine Kollegen sehr gerne nach Geretsried kommen, um mit dem Waldsommer, den er vor vier Jahren als Festwirt und Veranstalter übernommen hat, Vergnügen und Geselligkeit in die Stadt zu bringen und dies sehr erfolgreich, was immer wieder durch positive Aussagen von Besuchern bestätigt wird. Selbst die in dieser Saison zuvor veranstalteten fünf Minivolksfeste sind mit insgesamt rund 100.000 Besuchern sehr gut angenommen worden. Zudem wurde keine einzige Coronainfektion registriert.
„Wir Schausteller und Festwirte kämpfen seit Ausbruch der Pandemie um unsere Existenz und sind auf ein Entgegenkommen der Städte und Verwaltungsbehörden angewiesen“, so Fahrenschon. Auch von den beiden Gastrednern wurde diese Aussage untermauert. „Wir sind auf die kleinen Ersatzvolksfeste und auf die Unterstützung der Kommunen angewiesen“, hat Wenzel Bradac betont und das Verhalten der Stadt gegenüber Familie Fahrenschon geradezu als „unmenschlich“ bezeichnet. „Jeder Verwaltungsbeamte verfügt über einen Ermessensspielraum …“, hat Josef Diebold diesbezüglich in den Raum gestellt und hinzugefügt „… und wenn von dieser Seite jetzt keine Unterstützung kommt, ist das Kulturgut Volksfest vom Aussterben bedroht. Dabei gibt es etliche positive Beispiele. So sind wir in Augsburg in der glücklichen Lage, dass die Stadtverwaltung vollkommen hinter der Veranstaltung und den Beschickern des abgespeckten Plärrers steht, was auch für München und dem Sommer in der Stadt gilt. Wenn die Bereitschaft vorhanden ist, lassen sich für alle Probleme Lösungen finden“.
Abschließend hat sich Christian Fahrenschon bei allen Anwesenden und insbesondere bei den Gastrednern bedankt. Er macht nochmals deutlich, dass er sich, trotz bereits erfolgter Vertragskündigung, nicht aus Geretsried verabschieden möchte, aber es müsse für die Zukunft eine neue Basis der Zusammenarbeit geschaffen werden.
Als am späteren Nachmittag mit den Abbauarbeiten begonnen worden ist, ist die Geretsrieder Stadtkapelle auf dem Festplatz erschienen und hat für die Schausteller ein Ständchen gespielt – eine sehr nette Geste zum Abschluss.
Text und Fotos: Klaus Straßer