Die Absage für die Bonner Großkirmes kam nicht überraschend. Nach der Absage von Pützchens Markt folgte einen Tag später die Absage der Dürener Annakirmes. Beide Veranstalter konnten sich aufgrund der zwar sinkenden Inzidenzzahlen zum derzeitigen Zeitpunktnicht zu einer Durchführung der beliebten Großveranstaltungen entscheiden. Die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner nennt die Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung als Hauptkriterium für die erneute Absage. „Diese Entscheidung ist uns allen extrem schwergefallen, weil wir wissen, welchen Stellenwert Pützchens Markt in der Region hat“, betonte die Oberbürgermeisterin. „Obwohl das Impfgeschehen Fortschritte mache und Licht am Ende des Pandemietunnels sichtbar sei, wäre es nicht verantwortbar, ein Volksfest in dieser Größenordnung durchzuführen. Wir sind uns der Tragweite dieser Entscheidung bewusst. Die Entscheidung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Schaustellerverband. Vor allem die Schausteller sind davon hart getroffen und wir befinden uns aktuellin Gesprächen, wie die Stadt Bonn den Schaustellern mit Hilfsangeboten entgegenkommen kann, zumal auch die Planungsvorläufe für alles, was rund um die Kirmes benötigt wird, auch einen gewissen Vorlauf benötigen, musste eine Absage jetzt erfolgen“, sagte Dörner. Dazu Marktleiter Harald Borchert: „Es tut schon in der Seele weh, dass Pützchens Markt ausfallen muss. Als Kommune sind wir an gesetzlich vorgeschriebene Verfahren gebunden. Das gilt vor allem für die Ausschreibungen für verschiedene Leistungen wieStromversorgung, Feuerwerk und Sicherheitsdienste. Bestimmte Sachzwänge zwingen uns zum jetzigen Zeitpunkt diese Entscheidung zu treffen.
Aber auch die Marktschule, die jährlich während der Kirmes als Einsatzwache diene und leergeräumt werden müsse, benötige für die Unterrichtsplanung eine Entscheidung.“ DSB Präsident Albert Ritter hatte sich noch am Morgen vor der Absage für Pützchens Markt stark gemacht und erinnerte an Aussagen der NRW-Minister Laumann und Pinkwart bezüglich der Veranstaltung von Volksfesten im September: „Niemand kann aktuell vorhersagen, wo die Inzidenzwerte im September liegen werden und ob überhaupt noch Hygiene-Auflagen eingehalten werden müssen“. Er verwies darauf, dass Pützchens Markt nicht mit dem Münchener Oktoberfest zu vergleichen ist. „Nach München zieht es Touristen aus der ganzen Welt. Pützchens Markt ist dagegen ein regionales Volksfest, das kontrollierbar und mit Auflagen durchführbar ist, wenn das Infektionsgeschehen es zulässt“.
„Die Schausteller tragen die für sie traurige Entscheidung mit“, so der zweite Vorsitzende des Schaustellerverbands Bonn, Roland Barth. „Pützchens Markt ist für uns ein Wirtschaftsfaktor. Wir verstehen die Entscheidung der Stadt Bonn, obwohl wir uns gewünscht hätten, bezüglich der Entscheidung noch vier Wochen zu warten“. Mit der erneuten Aktion „Sommer in der Stadt“ sollen die Schausteller wieder die Chance erhalten, mit verschiedenen Geschäften in der Innenstadt Einnahmen zu erzielen, wie es bereits im Vorjahr gehandhabt wurde.
Gebühren sollen für die Schausteller nicht entstehen. Die Idee einer kleineren Kirmes am Beueler Rheinufer wurde als kritisch angesehen, da dort nicht die nötige Infrastruktur vorherrscht und mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Auch für ein Riesenrad über mehrere Monate fehlt hier die nötige Grundfläche. Aufgrund der neuen Corona-Schutzverordnung, dass große Volksfeste ohne Besucherbegrenzung erst ab 1. September und das nur bei einem Inzidenzwert unter 35 zugelassen sind, erfolgte die Absage der Annakirmes in Düren. Neubürgermeister Frank Peter Ullrich hätte liebend gerne seine erste Annakirmes gefeiert. Eine Verschiebung des beliebten Volksfestes in den Herbst sei aus vergaberechtlichen Gründen keine Alternative. Jetzt soll alles darangesetzt werden, den Dürenern zur eigentlichen Annakirmeszeit wieder ein Sommerspezial wie im Vorjahr zu bieten. Bürgermeister Ullrich will alles dafür tun, die Schausteller beim mobilen Freizeitpark 2.0 mit Kontaktverfolgbarkeit und Besuchergrenze unbürokratisch zu unterstützen.
Jetzt kann der VRS-Vorsitzende Hans Bert Cremer mit seinem Team noch einmal auf die beim Sommer-Spezial 2020 gemachten Erfahrungen zurückgreifen. Dabei steht schon fest, dass die Laufzeit auf drei Wochen verkürzt und Absprachen bezüglich des Termins mit anderen Veranstaltungen vorher oder nachher, wie z. B. Aachen oder Eschweiler, erfolgen wird. Der Abschlusstag wird der 8. August, der eigentlich letzte Tag der Annakirmes sein. Cremer verspricht für das Sommer-Spezial 2.0 mehr Kirmescharakter. So wird es keine einheitliche Musikbeschallung geben und es darf rekommandiert werden. Hans Bert Cremer kritisierte die neue Schutzverordnung. „Sie lässt uns keine Chance, selbst wenn die Inzidenz Richtung null sinken würde. Es werden zwar Möglichkeiten für normale Kirmesveranstaltungen aufgezeigt. Aber wieder einmal mit höheren Auflagen als zum Beispiel in der Außengastronomie“.
Text und Fotos: Martin Wehmeyer