Schwabacher Herbst

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Ersatzveranstaltung statt klassischer Kirchweih – Technische Revolution im Einsatz


Auf den ersten Blick ein traditionelles Fest im Herzen der fränkischen Goldschlägerstadt – bekannt, beliebt und bewährt. Auf den zweiten Blick fehlen die Magnete, die das Brauchtum einer Kirchweih ausmachen. Kein Bühnenprogramm, keine Musik, kein Familientag, kein Umzug, kein Markt, kein Biergarten und auch kein Alkoholausschank. Trotzdem war im zweiten Jahr der Ersatz für das Traditionsfest für die Beschicker „wie ein warmer Regen“ mit Öffnungszeiten von 11 bis 21 Uhr.

Mehr Beschicker als bei dem ersten Ersatzfest im letzten Jahr – und deutlich entfernt von der Zahl an Zulassungen vor der Pandemie. Glücklich und zufrieden der städtische Marktmeister Christian Lehmann nach zehn Spieltagen bei publikumsfreundlichem Herbstwetter mit viel Sonnenschein. „Es freut mich, dass sich der Aufwand gelohnt hat und das Publikum den ausgewählten Branchenmix mit Freude angenommen hat“, so seine Worte. Zu den großen Attraktionen haben das Riesenrad „Orion 3“ (R. Drliczek), „Happy Butterfly“ (Eschenbacher), das Kino „Big Pictures“ (Sonntag), Hupferl „Jumper“ (Schultz), Kinder-Sportkarussell (Ulrich), das Trampolin „Magic Jump“ (Kirschbaum) sowie das Selbstfahrergeschäft der Familie Roth aus Würzburg/Giebelstadt gezählt. Dort, beim Skooter „Formel 1“ (Hersteller: Fiala, Tschechische Republik) ist eine technische Revolution im Einsatz. Die Chaisen können auf Befehl „driften“. Dazu ein Interview mit dem Besitzer Rainer Roth.

Was ist ein „Drifting-Scooter“?
„Eine Weiterentwicklung des klassischen Autoscooters mit einer neuen, zusätzlichen Fahrweise. Die Chaise kann auf Befehl seitlich wegrutschen, also wegdriften. Das klingt in der Beschreibung unspektakulär, gibt aber auf der Platte einen großen Spaß und sorgt für ein neues, überraschendes Fahrgefühl. Im Prüfbuch steht es so: … führt beim Kurvenfahren zu einem abwechslungsreicheren Fahrverhalten bei den Chaisen“.

Die Idee dazu ist aber nicht neu – oder?
„Es gibt in der Tat seit wenigen Jahren diese Idee und ist bei verschiedenen Mitbewerbern auch im Einsatz. Ein renommierter Hersteller hat ein anderes System im Angebot. Selten sind alle Fahrzeuge damit ausgestattet, sondern in der Regel nur ein Teil der Chaisen.“

Ist das „Driften“ bei jeder Fahrt möglich?
„Bei uns – selbstverständlich! Wir besitzen ein rein mechanisches System und der Fahrgast entscheidet, ob er klassisch oder modern fahren will. Wir haben uns bewusst gegen das software-gesteuerte System entschieden, wo der entscheidende Befehl zum Driften vom Steuerpult an der Kasse zugeschaltet werden muss.“

Seit wann beschäftigt Sie diese Idee?
„Bereits vor Jahrzehnten tüftelte mein Vater Siegfried Roth an der Idee und legte seine Versuche nach einiger Zeit – da das Ergebnis für die Reise nicht praxistauglich war – schließlich auf Eis. Erst vor einigen Jahren griffen wir seine Experimente wieder auf, probierten lange – und hatten schließlich Erfolg. Der immense Aufwand hat sich gelohnt. Jede Chaise ist bei uns mit der Zusatzfunktion ausgestattet und jeder Fahrgast kann entscheiden, ob, wie lange und wie stark er sie nutzen will. Mein Vater hat sein enormes technisches Wissen mit in das System eingebracht und so konnte es perfekt umgesetzt werden. Danke an dieser Stelle!“

Wie funktioniert es?
„Ganz einfach. Wirklich kinderleicht. Der Fahrgast zieht einen Hebel, ähnlich einer Handbremse (natürlich ohne Bremswirkung) an seiner rechten Seite – und schon gleitet er über die Platte. Er kann jederzeit,auf den Moment genau wieder auf den Normalbetrieb umschalten, indem er den Hebel nicht mehr betätigt. Wir kennen, denke ich alle den Fahrspaß mit dem Auto und der Handbremse im Schnee … dies war der Grundgedanke.“

Dieses System haben Sie entwickelt – und wie schützen Sie sich vor Nachbauten?
„Wir haben viel Geld für einen renommierten Patentanwalt investiert und nach einem umfangreichen Schriftwechsel mit Zeichnungen und Erklärungen unser System erfolgreich schützen lassen. Einem Nachbau und Ideenklau ist damit ein wirksamer Riegel vorgeschoben.“

Die dafür notwendige Veränderung der Anlage hat auch Auswirkungen auf Ihre Betriebserlaubnis?
„Selbstverständlich! Das Prüfbuch ist entsprechend erweitert worden und die LGA (Landesgewerbeanstalt Nürnberg) mit ihrer Abteilung für Fliegende Bauten hat dazu nach umfangreichen Tests auch ihren Segen gegeben. Dipl.-Ing. Harald Becker war direkt von der Robustheit des Systems, aber noch mehr von der Tatsache begeistert, dass der Fahrer jederzeit selbst das Driften unterbrechen kann, was schließlich ein entscheidender Sicherheitsfaktor für die Beurteilung dargestellt hat.“

Sie sind mit Ihrem System konkurrenzlos?
„Ja, wir – die Firma Roth – haben damit ein Alleinstellungsmerkmal auf der Reise. Wir sind der erste und der einzige Autoscooter mit diesem Drift-System.“

Wie reagieren die Kunden?
„Sie sind überrascht, total überrascht, egal ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene. Wenn sie es beim ersten Mal ausprobieren, gibt es in der Regel ein ungläubiges Staunen, dann ein Lachen – und sie kaufen prompt neue Chips. Die Gäste wollen aber beides, wenn Platz ist, möglichst cool driften und im nächsten Moment wieder gerade fahren, um zu rammen. Durch den Drift ist es aber insgesamt ruhiger auf der Fahrbahn, da es weniger Zusammenstöße gibt.“

Sie spüren den wirtschaftlichen Erfolg?
„Durch die aktuelle Situation ist ein direkter Vergleich mit den Vorjahren schwierig. Aber wir sind von unserer Innovation überzeugt. Ja, die Zahl der verkauften Chips steigt – und die Kundschaft erzählt es ja weiter. Damit werden wieder neue Kunden neugierig und bei mir ist Leben am Scooter. Es gibt Kunden, die kommen gleich, wenn die Kasse öffnet, um diese neue Fahrweise auf freier Fahrbahn auszuprobieren und die besten Effekte zu testen. Ja, es läuft sehr gut, da zahlen sich die unzähligen Stunden und der finanzielle Aufwand definitiv aus.“

Wie würden Sie Ihr neues System in einem Satz beschreiben?
„Autoscooter fahren in einer neuen Dimension, eine echte Bereicherung mit gesteigertem Spaßfaktor.

Text und Fotos: Helmut Bressler

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