Einmal abheben in Wendlers Wellenflug
Allein durch die miteinander verbundenen an metallischen Gliedern befestigten Sitze hat das Kettenkarussell seit jeher eine Sonderstellung. Die Passagiere heben ab und verlieren den festen Boden unter ihren Füßen. Als Prototyp der Wellenflieger gilt der in den 1940er-Jahren von Fritz Hanstein konstruierte Kettenflieger, der auch unter dem Titel „Powerwelle“ bekannt ist. Franz Schwarzkopf entwickelte 1972 ein über Hydraulik und einen Seilzug angetriebenes Karussell, welches von einer bayerischen Firma aus Offenberg hergestellt wurde: der berühmte Zierer-Wellenflug war geboren. Am Beispiel des Exemplares von Familie Wendler aus Unna zeigen wir in unserem neuesten Text der Rubrik „Mit Musik geht alles besser“, welch passende Musikauswahl an diesem Karusselltyp getroffen wird.Starten wir mit musikalischen Beispielen in den 1980er-Jahren. Zu Beginn des Jahrzehntes coverte die NDW Formation Extrabreit den Klassiker „Flieger, grüß mir die Sonne“ von Hans Albers. Durch die deutlich peppigere Version war das Lied prädestiniert für Stimmung am Wellenflug. Lauthals sangen die Insassen mit und empfingen das Gefühl des Fliegens.Drei Jahre später, im Jahre 1983, veröffentlichte Peter Schilling das Stück „Major Tom“, welches damals wie heute immer wieder gern an Fahrgeschäften gespielt wird –und sei es nur als kurzer Jingle. Geprägt wurde es aber am Wellenflug, denn die Textzeile: „… dann hebt er ab und völlig losgelöst von der Erde …“, passt wie die berühmte Faust aufs Auge.Ab ins nächste Jahrzehnt: 1992 brachte Mario Jordan den Schlager „Welch ein Tag“ heraus. Positive Lebensgefühle wurden ausgesprochen, die auch Kirmes-und Volksfestbesucher ansprachen. Spätestens als eine große Brauerei ihr Produkt mit einem Spot auf dem Kettenkarussell bewarb, gab es kein Zurück mehr –das Lied musste am Wellenflug gespielt werden und wird seither auf nahezu jedem Jahrmarkt vom Publikum eingefordert. Regelmäßig wird Otto Wendler dann von Kollegen gefragt, ob er denn keine andere Platte auflegen könne, doch dieser Musikwunsch hat sich zum absoluten Dauerbrenner entwickelt und das wird wohl auch noch eine Zeit lang so bleiben…1994 hat erneut eine Coverversion eines eher ruhigeren Liedes Einzug ins musikalische Repertoire von Familie Wendler gefunden.
Dazu zunächst eine Hintergrundinformation: Bereits 20 Jahre zuvor veröffentlichte der Musiker Reinhard Mey das Original des Liedes „Über den Wolken“. Doch was in den 1970ern eher bedächtig und nachdenklich stimmte, verwandelte Dieter Thomas Kuhn in den 1990ern in eine Partyhymne, die auf vielen Partys, Schützenfesten und Kirmessen aufgelegt wurde und noch aufgelegt wird. Der Text war natürlich wie geschaffen für das abhebende Kettenkarussell.Zwei Jahre später verbreitete sich der Soul-Song „I believe I can fly“ von R. Kelly über die weite Welt. Einmal mehr wurde der älteste Traum der Menschheit besungen und auch dieser Titel entwickelte sich zum großen Hit in den deutschen Single Charts. Abermals ein Text, der wie für das Kettenkarussell geschrieben schien und entsprechend häufig zum Einsatz kam. In den Folgejahren wurde der Song auch nur allzu gern bei vielen anderen Hochfahrgeschäften genutzt.Wir bewegen uns zwölf Jahre in die Zukunft. Ein Kinderlied verbreitete sich wie im Flug und wurde in kürzester Zeit unzählige Male gecovert. Die Rede ist vom „Fliegerlied“ oder als Titel „So a schöner Tag“, welches von dem bayerischen Produzenten und Pädagogen Donikkl geschrieben wurde. Die Tanzbewegungen, die zu dem Lied kreiert wurden, werden (wenn auch nur in Teilen) während der Karussellfahrt im Wellenflug gerne nachgeahmt und gesungen „… und i fliag …“ oder „… und ich flieg …“, wird sowohl im nüchternen wie im berauschten Zustand zum Besten gegeben.Otto und Jasmin Wendler haben auf jeden Fall bis heute großen Spaß an ihrem Geschäft und mit ihrem Publikum. Sie wissen die Fahrgäste durch eine tolle Musikauswahl zu begeistern.