Ereignisse und Geschichte des „Bajasseum“ in Enkenbach-Alsenborn. Ein Hauptanliegen des DSB, dem BSM, dem Markt-und Schaustellermuseum Essen und dem Kulturgut Volksfest gUG, Wissenschaftliche Enzyklopädie und Digitales historisches Archiv, ist die Anerkennung und Aufnahme der „Volksfestkultur in Deutschland“ bei der UNESCO als immaterielles Kulturerbe. Hierzu hat eine Forschungsreise DSB Präsident Albert Ritter mit dem Schaustellerverband Wonnegau Worms und Schaustellerverband Barbarossa Saar-Pfalz am 10. Mai 2021 (siehe extra Bericht) stattgefunden. Zu diesem Weltkulturerbe zählt sicherlich auch das kleine, hübsche Bajasseum (Zirkusmuseum) in Enkenbach-Alsenborn in der Pfalz.
Dr. Gisela Grasmück (Referentin bei EnBW), hat den Besuchern die Geschichte rund um das Zirkusmuseum nähergebracht. Die Entstehung des Museumsgeht auf die wichtige Bedeutung Alsenborns für die Zirkusgeschichtezurück, welche in den Krisen des 19. Jahrhunderts ihren Ursprung hatte. Viele Tagelöhner in Alsenborn hatten damals Arbeit in den nahe gelegenen Sandsteinbrüchen gefunden und davon gelebt. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es auch dort eine Krise mit hoher Arbeitslosigkeit. Einige, die schon früher Musik gemacht hatten, entdeckten ihre Fähigkeit und zogen als Musikanten, Akrobaten und Marionettenspieler durch die Lande. Einer der Ersten war Johann Justus Schramm, der mit seiner Frau den Ort Alsenborn verließund recht weit in diesem Metier reiste. Andere folgten bald darauf, als sie die Einkommensmöglichkeiten erkannten. Als eigentlicher Beginn der zirzensischen Epoche in Alsenborn gilt die Heirat des 22-jährigen Musikanten Karl Lorenz Schramm mit der vier Jahre älteren Seiltänzerin Elisabetha Wolf am 20. November 1847 in Alsenborn. Im Winter kamen die Artisten nach Alsenborn zurück und lebten von dem eingenommenen Geld. Schnell entwickelte sich das Wort „Bajasse“ für die Alsenborner, was vom italienischen Wort Bajazzo (Possenreißer) abgeleitet wurde.
Es galt lange als Schimpfwort in Alsenborn. Es entwickelte sich eine sogenannte „Glanzzeit“ für dieses Gewerbe in den Jahren von 1870 bis zum ersten Weltkrieg. Die Alsenborner Artisten lernten auf den Kirmesveranstaltungen und in den Zirkussen im Laufe der Jahre neue Familien kennen. Schnell sprach sich in den Artistenkreisen herum, dass Alsenborn von den Künstlern keine Umlage verlangte. So vergrößerte sich die Anzahl der Künstler in Alsenborn, die ansässig wurden. Viele heute noch bekannte Familiennamen wie Schramm, Müller, Schweitzer, Bügler, Frank und Althoff sind mit der Geschichte Alsenborns verbunden. Besondere Erwähnung in der Geschichte findet der Kunstreiter und Zirkusbesitzer Andreas Bügler aus Münchweiler, welcher sechs Kinder hatte, die zu den besten Artisten der Welt zählten. Andreas Bügler besaß ein stattliches Anwesen in Alsenborn mit Stallungen und großem Grundstück. Durch die Heirat seines Sohnes Jerôme mit Magdalena Eva Althoff kam die berühmte Zirkusfamilie Althoff nach Alsenborn. Mit Andreas Bügler ging es nach dem Tod seiner Frau bergab und Familie Adolf Althoff konnte das Anwesen erwerben. Wilhelm Althoff III. führte von hier seinen Zirkus bis zum Jahre 1927, als der Zirkus nach dem Inflationsgeschehen der Weimarer Republik nicht mehr überlebensfähig war. Danach setzte mit Beginn des Deutschen Reiches bis zum zweiten Weltkrieg das Ende der Artisten in Alsenborn ein. Eine Berühmtheit war Elisabeth Endres, die am 5. Juni 1922 geboren wurde. Bereits mit sechs Jahren vollführte sie Kunststücke auf dem Drahtseil. Bis zum Jahr 1948 war sie auf dem Drahtseil eine Berühmtheit in Deutschland, danach verließ sie ihre Heimat nach der Heirat mit einem amerikanischen Soldaten in Richtung Amerika. Viele der Artisten hatten Häuser in Alsenborn. In den Jahren ab 1880 kamen immer mehr Artisten, die ihre Wohnwagen mitbrachten, in welchem sie bis Saisonbeginn den Winter verbrachten. In Alsenborn gab es schon sehr früh ein Kino. Im Jahr 1897 beschaffte sich Lorenz Schweitzer III., der seinen Beruf als Akrobat nach einem Unfall nicht mehr ausführen konnte, eines der ersten Bioskope zur Vorführung von Filmen. Ende der 1920er-und Anfang der 1930er-Jahre baute die Familie Thys als zusätzliche Verdienstquelle ein Wanderkino auf. Familie Thys besaß auch eins der ersten Karussells mit hölzernen Pferden. Die jährliche Heimkehr der Artisten aus der weiten Welt war ein großes Ereignis für die Ortsbevölkerung, brachten sie doch viele neue Informationen mit.Die Epoche der Zirkusartisten in Alsenborn garnieren einige Ereignisse lustige und weniger Schöne.
Eine weniger schöne Geschichte ist jene vom Friseur Peter Feierabend und dem Löwen aus dem Jahre 1911. Die Zirkussaison begann in der Regel mit einer Vorstellung in Alsenborn, wo neue Sensationen ausprobiert wurden. Um die Attraktion zu erhöhen, hatte Menageriebesitzer Wieser die Idee, sich im Löwenkäfig vom Alsenborner Friseur Peter Feierabend rasieren zu lassen. Irgendwie muss der Friseur eine unglückliche Bewegung gemacht haben, sodass die Löwen einen Angriff auf Ihren Chef vermuteten. Ein Löwe verbiss sich im Kopf des Friseurs, der an den Folgen dieser Attacke verstarb.Von einer eher lustigen Geschichte zeugt der Elefantaus Granit mit Pflug, der in der Mitte des Verkehrskreisels in der Rosenhofstraße am Bahnhof Enkenbach seit dem Jahr 2006 aufgestellt ist. Ab 1914 wurden alle Pferde für den 1. Weltkrieg eingezogen. Trotzdem mussten die Gärten und Äcker bestellt werden. Zu jener Zeit im Jahr 1917 gastierte in Enkenbach ein Zirkus mit zwei Elefanten, der sich auflöste. Die Elefanten verblieben bei Familie Moulier, wo Schreinermeister Schmitt gerade Arbeiten erledigte. Schmitt kam auf die Idee, einen Elefanten mit Pflug für die Gartenarbeit bei Moulier einzusetzen, was im erstenStep gut funktionierte, auch wenn der Elefant schwierig zu dirigieren war. Als der Elefant mit dem Pflug am nächsten Tag einen Acker pflügen sollte, gab es nach der Überlieferung einiges an Flurschaden, als der Elefant randalierte und sich am Korn des Nachbarfeldes bediente. Das 16 Tonnen schwere Granit Modell des Elefanten wurde in China hergestellt und am 21. Juni 2006 aufgestellt.Das Zirkusmuseum „Bajasseum“ ist im ehemaligen Feuerwehrhaus von Alsenborn untergebracht und beherbergt Dokumente und Fotos aus der zirzensischen Zeit in Alsenborn. Wenige Requisiten und Gegenstände überstanden das Wanderleben. Modellbauer Herbert Guth aus Friedrichsdorf gestaltete das Gastspiel eines Zirkusses als Zirkusmodell mit Chapiteau, Packwagen, Maschinen und Zuschauern, welches im Museum ausgestellt ist. Vor dem Eingang ist nicht zu übersehen ein echtes Hochseil über den Vorplatz gespannt.
Neben dem Zirkusmuseum ging Alsenborn mit dem Fußballverein SV Alsenborn in die Geschichte ein und Fritz Walter, der 1954 als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister wurde, hatte in Alsenborn seinen Wohnsitz.
Bajasseum Rosenhofstraße 67677 Enkenbach-Alsenborn
Kontakt unter anderem für Führungen: Verbandsgemeindeverwaltung Enkenbach-Alsenborn Hauptstraße 18 67677 Enkenbach-Alsenborn Tel.: (06303) 91 31 71
Öffnungszeiten:Täglich 9.00 –18.00 Uhr. Eintritt ist frei.
Text und Fotos: Ulrich Wehmeyer