7. Dezember 2025

Stuttgarter Weihnachtsmarkt – Wirtschaftsmotor in schwierigen Zeiten

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Der Stuttgarter Weihnachtsmarkt geht mit Rückenwind in die neue Saison – und sendet klare positive Signale an Schausteller, Marktkaufleute, Hotellerie und Innenstadt-Handel. Das wurde bei der Pressekonferenz der in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft in der Loge von Looß Kulinarisches in der Stuttgarter Markthalle deutlich.

Geschäftsführer Andreas Kroll machte gleich zu Beginn klar: Der Weihnachtsmarkt ist für Stuttgart weit mehr als stimmungsvolle Kulisse. Er spricht von einem „sehr, sehr wichtigen Faktor zur Belebung der Innenstadt“ – gerade in anspruchsvollen Zeiten. Er erwartet – wie im Vorjahr – rund 3 bis 3,5 Millionen Besucherinnen und Besucher. Alles über 3 Millionen sei „sehr gut“, 3,5 Millionen gelten intern als „hervorragend“. Exakte Zählungen gibt es zwar nicht, doch die Erfahrungswerte der vergangenen Jahre belegen die hohe Anziehungskraft.

Von dieser Frequenz profitieren:

  • Einzelhandel in der Innenstadt, der zusätzliche Kundschaft in der „vorweihnachtlichen Hochumsatzphase“ erhält.
  • Gastronomie – sowohl auf dem Markt als auch in den umliegenden Restaurants, Bars und Clubs. Da der Markt um 21 Uhr schließt, zieht es viele Gäste anschließend weiter in die feste Gastronomie.
  • Hotellerie, die während des Weihnachtsmarktes traditionell eine starke Auslastung mit Gästen aus der Schweiz, Frankreich, Österreich und den Benelux-Ländern verzeichnet.

Für Beschicker und Marktkaufleute bleibt Stuttgart damit ein hochattraktiver Standort mit starker Strahlkraft in die Region und ins Ausland.

Besucherpotenzial und Marktstruktur

Rund 250 Stände bilden das Marktangebot führt Projektleiterin Julia Wilhelm aus. Die Struktur ist für Marktkaufleute positiv: Etwa zwei Drittel entfallen auf Handwerk, Kunst- und Dekoartikel, nur ein Drittel auf Essen und Trinken. Die Stadt hält damit bewusst an einem starken Waren- und Kunsthandwerksprofil fest. Niedrigere Standgebühren in nicht-gastronomischen Segmenten sollen helfen, empfindlichere Sortimente – insbesondere Kunsthandwerk – dauerhaft zu halten. Ein klares Bekenntnis dazu, dass der Weihnachtsmarkt nicht zur reinen Glühweinfläche werden soll.

Acht neue Beschicker wurden aufgenommen, darunter das Holzatelier Droxner, Holzpuzzles von Anne-Sarah Dendorfer, Badesalze und Öle von Pasiora sowie zusätzliche Süßwarenangebote. Aus Branchensicht interessant:

  • Hofladen Hermannsfeld (Schillerplatz) – bekannt aus Frühlingsfest und Volksfest mit großformatigen Kuchen.
  • Suppen im Brotlaib (Reinhardt Lugana, Schlossplatz) – gastronomisches Angebot mit klarer Nachhaltigkeitsnote („Teller essbar“).
  • Raclette der Sema VGmbH – jetzt auch auf dem Marktplatz, als Ergänzung zum bestehenden Käse- und Kartoffelangebot.

Eine echte Flächeninnovation ist der neue Trödel- und Kunsthandwerkermarkt auf dem Karlsplatz: Rund zehn Hütten bieten antiquarische Bücher, Uhren, Schmuck, Porzellan und andere Raritäten, organisiert von den Märkten Stuttgart. Für spezialisierte Händler entsteht hier eine zusätzliche Bühne mit eigenem Profil innerhalb des Gesamtmarktes – ein Bereich, den man als Branchenkenner im Auge behalten sollte.

Aufgewertete Plätze, neue Beleuchtung, keine Großbaustelle

In diesem Jahr spielt der Standort einen weiteren Trumpf aus: Der Marktplatz ist erstmals seit längerer Zeit ohne störende Baustellen erlebbar; die Fassade des neuen Hauses des Tourismus ist fertiggestellt.

Besonders auffällig ist die neue Baumbeleuchtung: Vier der acht Platanen vor dem Haus des Tourismus werden mit insgesamt 9.600 LEDs geschmückt und schaffen zusätzliche Aufenthaltsqualität am Marktplatz. Die großen Weihnachtsbäume auf Schloss-, Schiller- und Marktplatz sowie im Innenhof des Alten Schlosses sind wie gewohnt komplett mit Ökostrom-LEDs ausgestattet; der 20 Meter hohe Baum auf dem Schlossplatz mit rund 40.000 Lichtern bleibt ein zentraler Treff- und Fotopunkt.

Die einstigen „Glanzlichter“-Installationen auf dem Schlossplatz werden 2025 nicht aufgebaut, dafür bleibt die Innenstadtbeleuchtung über Bäume und Lichterketten weiterhin präsent – ein Kompromiss zwischen Energie- und Kostendruck sowie stimmungsvollem Erscheinungsbild. Für das Geschäft der Beschicker zählt am Ende: Die Plätze wirken fertig, aufgeräumt und einladend.

Familienangebote als Frequenztreiber

Für die Branche zentral: Der Markt profiliert sich weiter stark als Familienziel. Auf dem Schlossplatz entsteht erneut das Kinder-Märchenland mit Mini-Dampflok durch eine winterliche Miniaturlandschaft, Mini-Riesenrad und – neu – einem nostalgisch gestalteten Etagenkarussell von Michael Heigl.

Dazu kommen Mitmachangebote wie die Lebkuchenbäckerei von Melanie Weeber, in der Kinder eigene Herzen mit Zuckerguss und Streuseln gestalten. Das große Riesenrad im Ehrenhof des Neuen Schlosses bleibt bis 6. Januar 2026 in Betrieb – ein Zusatzmagnet auch nach Marktende.

Diese Familienorientierung verlängert die Verweildauer in der Innenstadt spürbar und führt die Kaufkraft gezielt an die umliegenden Verkaufsstände heran – ein Argument, das in vielen Kommunen im Wettbewerb um Flächen und Öffnungszeiten für Jahrmärkte zunehmend wichtig wird. Für viele KOMET-Leser dürfte das ein vertrautes Muster sein: Wo Kinderangebote sind, laufen auch die Kassen besser.

Inklusiv & barrierefrei – „Toilette für alle“

Als dauerhaftes Signal für Barrierefreiheit wird auch 2025 wieder eine „Toilette für alle“ bereitgestellt (s. KOMET 5877). Sie richtet sich an Menschen mit schweren oder mehrfachen Behinderungen, mobilitätseingeschränkte Personen und Familien mit kleinen Kindern. Für Beschicker ist das ein relevanter Faktor: Ein inklusives Angebot erhöht die Aufenthaltsdauer und erschließt zusätzliche Zielgruppen – auch für Fahrgeschäfte und Verkaufsstände.

Freuen sich auf den Weihnachtsmarkt: Maria Haller-Kindler, Andreas Kroll und Julia Wilhelm (v.l.r.)

Kinderwunschbaum: Schaustellerverband als Bürge

Eine zentrale Rolle spielt auch in diesem Jahr der Kinderwunschbaum, betreut von der Kinderbeauftragten der Stadt, Maria Haller-Kindler. Bereits vor Start des Marktes sind 3.401 Wünsche von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre eingegangen – noch mehr als im Vorjahr. Die Geschenkwünsche dürfen einen Wert von bis zu 30 Euro haben. Beschicker und Bürger können diese Wünsche übernehmen.

Aus Sicht der Kinderbeauftragten zeigt das Projekt deutlich die wirtschaftliche Lage vieler Familien:

  • stark nachgefragt sind Gutscheine, damit Kinder und Jugendliche sich selbst etwas aussuchen können – ein wichtiges Stück Selbstbestimmung bei knappen Budgets,
  • im Trend liegen ebenfalls digitale Geräte wie Kinder-Smartwatches oder Lern-Tablets,
  • auffällig sind besondere Wünsche wie ein SSB-Gelenkbus als Spielzeug oder eine Koran-Ausgabe in Blindenschrift – Hinweise auf die Vielfalt der Zielgruppe.

Bemerkenswert: In den vergangenen Jahren konnten laut Haller-Kindler praktisch alle Wünsche erfüllt werden – ein starkes Zeichen für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt, an dem auch Schausteller und Marktkaufleute als Spender regelmäßig ihren Anteil haben.

Die Aktion „Weihnachtsbaum der Kinderwünsche“ ist in Stuttgart fest etabliert und wird 2025 noch stärker digital begleitet: Seit 19. November ist der Online-Baum unter kinderwuensche.stuttgart.de freigeschaltet; parallel steht ab 27. November ein echt geschmückter Baum im Rathaus-Foyer.

Wer helfen möchte, pflückt online oder vor Ort eine Wunschkarte, besorgt ein Geschenk im Wert von bis zu 30 Euro und gibt es bis 11. Dezember verpackt im Kinderbüro der Stadt ab. Rund 65 Einrichtungen mit hohem Anteil an Kindern aus Bonus-Card-Familien – darunter Flüchtlingsunterkünfte, Einrichtungen der Jugendhilfe, Beratungsstellen und Hospizdienste – sind beteiligt.

Zu den Partnern, die die Ausfallbürgschaft übernehmen, damit wirklich alle Wünsche erfüllt werden können, gehört der Landesverband der Schausteller und Marktkaufleute Baden-Württemberg – neben City-Initiative, Märkte Stuttgart, Breuninger, Riesenrad-Unternehmen Oscar Bruch jr., Stuttgarter Kinderstiftung, Agentur Mosaiq, Stiphtung Christoph Sonntag und Müller – Die lila Logistik.

Damit setzt die Branche ein deutliches Zeichen: Weihnachtsmärkte sind nicht nur Umsatzmotoren, sondern auch Träger sozialer Verantwortung – und das wird in Stuttgart sehr sichtbar.

Tradition und Perspektive

Der Stuttgarter Weihnachtsmarkt kann auf eine dokumentierte Geschichte bis 1692 zurückblicken; seine Wurzeln reichen über frühere Jahrmarktprivilegien bis ins frühe 16. Jahrhundert. Aus einem Vieh- und Krämermarkt entwickelte sich über Jahrhunderte ein saisonales Großereignis mit heute rund 250 Ständen, umfangreichem Rahmenprogramm und internationaler Strahlkraft.

Die Kombination aus stabilen Besucherzahlen, bewusst handelsfreundlicher Standstruktur, aufgewerteten Plätzen und klar erkennbarer sozialer und inklusiver Ausrichtung macht Stuttgart 2025 für Schausteller und Marktkaufleute zu einem Standort mit guten Perspektiven – wirtschaftlich attraktiv, politisch gewollt und in der Stadtgesellschaft fest verankert.

Fotos: Martin Eckert
Beitragsbild: in.Stuttgart-Thomas-Niedermueller

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